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"Machtclique schürt anti-deutsche Gefühle"

2. Mai 2005

Zu den Hintergründen der Ausschreitungen in Togo ein Interview mit Herwig Kempf, dem Leiter des angegriffenen Goethe-Instituts in Lomé.

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Das zerstörte Goethe-Institut in LoméBild: AP

Deutsche Welle: Wie angespannt ist die Situation in der Stadt und rund um Ihr Gebäude im Moment?

Herwig Kempf: Alle Geschäfte sind geschlossen. Die Leute verkriechen sich in ihren Häusern, aber man merkt eine Spannung, die jederzeit wieder in Unruhe ausbrechen kann.

Offenbar herrscht ja schon seit Tagen ein anti-deutsches Klima. Warum?

Man muss sagen, dass das anti-deutsche Klima wirklich erst seit ein paar Tagen herrscht. Vorher war Togo oder ist die Bevölkerung in Togo insgesamt sehr, sehr deutschfreundlich. Man sieht die deutsche Kolonialzeit positiv. Man sagt, die Deutschen haben viel für das Land getan. Die anti-deutsche Stimmung kommt auch nur aus einer ganz bestimmten Ecke, nämlich einem ganz kleinen Teil der Machtclique, wenn man das so sagen kann.

Welche Motive stecken wohl konkret hinter den Angriffen? Warum ist Ihr Goethe-Institut verwüstet worden?

Ich glaube sie haben gehört, dass vermutlich ein abgesprungener Minister in einer EU-Botschaft untergebracht ist. Und man sagt, es sei die deutsche Botschaft. Seit dieser Zeit hat also ein Teil der Machtclique hier sozusagen die anti-deutschen Gefühle geschürt. Und in den letzten Tagen gibt es ein Gerücht, dass irgendeine deutsche Einrichtung angegriffen werden soll. Und nun hat es so das Goethe-Institut erwischt.

Der Mann, auf den Sie anspielen, das ist der togoische Innenminister Francois Boko. Er war kurz vor der Wahl am vergangenen Sonntag entlassen worden. Danach hatte er Zuflucht in einer Botschaft gesucht. Welche Rolle spielt er in den aktuellen Auseinandersetzungen?

Er hat vor der Wahl eben schon gewarnt. Er hat gesagt, man sollte die Wahl doch am Besten noch einmal verschieben. Und zwar war das einfach ein Statement, abgegeben in der Nacht von Donnerstag auf Freitag vor der Wahl. Dieses Statement wurde dann natürlich zurückgewiesen. Es wurde nicht akzeptiert. Und dann ist man zu den Wahlurnen geschritten. Und seit dieser Zeit versucht Boko eben noch einmal deutlich zu machen, dass es besser ist, eine Regierung der nationalen Einheit zu bilden anstatt diese Gegensätze ausbrechen zu lassen - die ja nun tatsächlich ausgebrochen sind.

Unterstellt man nun den Deutschen eine Kooperation mit der Opposition?

Man meint, dass Boko aus der Botschaft heraus handelt und bestimmte Fäden in der Hand hält. Und deshalb ist man jetzt auch anti-deutsch eingestellt. Also noch einmal: nicht die Bevölkerung sondern Teile des Machtapparates.

Das Gespräch führte Cordula Denninghoff