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Machtkampf in Libyen wird blutiger

5. März 2011

Libyen versinkt zusehends in Chaos und Gewalt: Augenzeugen berichten von zahlreichen Todesopfern bei neuen Gefechten und Sabotageakten. Derweil wenden sich immer mehr Funktionäre vom Gaddafi-Regime ab.

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Aufständischer in Libyen (Foto: AP)
Zum Kampf entschlossen: <br>ein Gaddafi-GegnerBild: AP

"Es gab keinen Platz mehr für die Opfer", berichtete ein Einwohner der westlich der Hauptstadt Tripolis gelegenen Stadt Sawija nach einem Besuch im örtlichen Krankenhaus. Bei heftigen Kämpfen zwischen loyal zu Machthaber Muammar Gaddafi stehenden Truppen und Gaddafi-Gegnern sollen allein in Sawija am Freitag bis zu 50 Menschen getötet worden sein. Entsprechende Angaben von Augenzeugen können derzeit allerdings nicht unabhängig überprüft werden. Unter den Toten sei auch ein Kommandeur der Rebellen, heißt es. Das Staatsfernsehen meldete, die libysche Armee habe Sawija eingenommen. Einwohner erklärten hingegen, die Stadt werde weiter von der Protestbewegung gehalten.

Leichen auf den Straßen

Hubschrauber über Tripolis (Foto: AP)
Im Einsatz über Tripolis: Helikopter der libyschen ArmeeBild: AP

Auch in Tripolis gingen Sicherheitskräfte mit scharfer Munition und Tränengas wieder gegen hunderte Demonstranten vor, wie Augenzeugen berichteten. Nach dem Freitagsgebet hatten sich in der Hauptstadt erneut zahllose Menschen zu Protesten versammelt, obwohl das Regime die Präsenz der Sicherheitskräfte deutlich verstärkte. Bereits seit Tagen kommt es in Tripolis regelmäßig zu Festnahmen. Videoaufnahmen zeigen, dass Milizen auch nachts mit Geländewagen durch die Stadtviertel fahren und Oppositionelle aus ihren Häusern verschleppen. Leichen von Menschen, die plötzlich verschwunden waren, wurden oftmals später auf Straßen abgeladen.

Bei der Explosion eines Waffendepots in der Nähe der von Aufständischen gehaltenen Stadt Bengasi kamen nach Krankenhaus-Angaben mindestens 17 Menschen ums Leben. Den Angaben zufolge gab es im Militärstützpunkt El Radschma zwei Detonationen, die in einem Umkreis von zehn Kilometern zu hören gewesen sein sollen. Unklar sei, ob es sich um einen Luftangriff oder um einen Sabotageakt gehandelt habe, sagte ein Sprecher der Rebellen. Bengasi, Libyens zweitgrößte Stadt im Osten des Landes, ist eine Hochburg des Aufstands. Die Gaddafi-treuen Kräfte sind hingegen vor allem noch im Westen Libyens stark.

Der Rückhalt schwindet

Muammar Gaddafi (Foto: AP)
Muammar Gaddafi - kann er sich an der Macht halten?Bild: dapd

Unterdessen wenden sich angeblich immer mehr Funktionäre von Gaddafi ab. Aus gut informierten Kreisen heißt es, inzwischen hätten sich die Sicherheitschefs der Städte Misrata, Sebha, Adschdabija, Bengasi und Tripolis auf die Seite der Aufständischen geschlagen. Auch mehrere hochrangige Offiziere des Militärgeheimdienstes, der Luftwaffe und diverser Polizei-Spezialeinheiten schlossen sich den Aufständischen an.

Hinweise auf den Einsatz afrikanischer Söldner bei den Kämpfen gibt es nach Auskunft der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) bisher nicht. Der HRW-Direktor für Notfallsituationen, Peter Bouckaert, sagte in Bengasi, Informationen über aktive Söldner könne er derzeit nicht bestätigen. Wegen der entsprechenden Gerüchte seien aber schon viele afrikanische Einwanderer in Libyen gewalttätig angegriffen worden.

Banknoten für Gaddafi

Libyscher Dinar
Druckfrisch: Libyscher Dinar (Ausschnitt)

Die britische Marine stoppte ein deutsches Containerschiff mit libyschen Banknoten im Wert von umgerechnet etwa 120 Millionen Euro an Bord und leitete es in den britischen Hafen von Harwich zurück. Die "Sloman Provider" der Bremer Sloman Neptun Schiffahrts AG sei auf dem Weg nach Libyen abgefangen worden, teilte das Innenministerium in London mit. Die libysche Währung, die von einer Druckerei in Großbritannien hergestellt wird, darf wegen der jüngsten UN-Sanktionen nicht mehr ausgeführt werden.

Autor: Christian Walz (dapd, rtr, dpa, afp)
Redaktion: Reinhard Kleber