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Machtprobe in Kiew

31. August 2015

Präsident Poroschenko verurteilt die blutigen Ausschreitungen vor dem Parlament als "antiukrainische Aktion". Die Ultranationalisten würden hart bestraft. Die sehen in ihm nur einen Lakaien des Westens.

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TV-Ansprache des ukrainischen Präsidenten Poroschenko
Bild: Reuters/Mykhailo Markiv/Ukrainian Presidential Press Service/Pool

Bei den Unruhen war auch ein Sprengsatz gezündet worden. Mindestens ein Mitglied der Nationalgarde wurde getötet, mehr als 100 wurden nach Behördenangaben verletzt, die meisten von ihnen waren Angehörige der Sicherheitskräfte. Bei den Auseinandersetzungen sahen sich die Staatsmacht vor allem Demonstranten der rechten Swoboda-Partei gegenüber, aber auch anderen ultrarechten Radikalen.

Blutüberströmte Menschen liegen vor dem Parlament

Sie hatten Rauchbomben auf die Polizei geworfen, die sich vor der Volksvertretung postiert hatte. Schließlich landete ein Sprengsatz vor dem Haupteingang des Parlaments, der zahlreiche Menschen verletzte. Viele blutüberströmte Menschen lagen am Boden vor dem Gebäude.

Auslöser für die blutigen Proteste war eine Abstimmung im Kiewer Parlament. Dort hatte nach einer turbulenten Abstimmung eine Mehrheit von 265 Abgeordneten für eine Änderung der ukrainischen Verfassung votiert. Sie soll mehr Autonomie für die von prorussischen Separatisten in der Ostukraine beherrschten Gebiete ermöglichen.

Präsident Petro Poroschenko nannte die Proteste in einer TV-Ansprache einen "Stoß in den Rücken" und eine "antiukrainische Aktion". Die für den Tod des Nationalgardisten und die Gewaltakte Verantwortlichen würden zur Rechenschaft gezogen und müssten mit schweren Konsequenzen rechnen. Ministerpräsident Arseni Jazenjuk warf den Ultranationalisten vor, sie versuchten mitten im Krieg mit Russland "eine zweite Front im Land zu eröffnen".

Nach Auffassung ukrainischer Nationalisten macht sich Poroschenko mit der Verfassungsreform zu einer Marionette des Westens. Außerdem spielten die Änderungen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in die Hände, hieß es aus der Swoboda-Partei. Aktivisten drohten mit weiterem Widerstand. Ein Korrespondent des 1. Deutschen Fernsehens wies darauf hin, dass viele der Demonstranten selbst im Donbass gegen die Separatisten gekämpft hätten und daher wohl kaum einlenken würden.

Kritik auch in pro-westlichen Reihen

Die Verfassungsreform und die damit verbundene größere Autonomie für die Separatisten ist auch bei gemäßigten Kräften umstritten. So stimmte etwa auch Ex-Ministerpräsidentin Julia Timoschenko gegen das sogenannte "Dezentralisierungs-Gesetz".

Proteste vor dem Parlament in Kiew
Die Polizei war mit einem Großaufgebot vor Ort, konnte die Gewalt aber nicht stoppenBild: DW/A. Sawitski

Die Verfassungsreform soll den Regional- und Kommunalverwaltungen mehr Macht geben. Sie sollen beispielsweise das Recht zum Aufbau einer sogenannten Volkspolizei erhalten. Die Maßnahmen gehören zu den Kernforderungen aus dem Minsker Friedensabkommen, mit dem der blutige Konflikt zwischen Kiew und den prorussischen Aufständischen in der Ostukraine überwunden werden soll.

Aus dem Auswärtigen Amt in Berlin hieß es, die Bundesregierung werte die Verfassungsreform als wichtigen Schritt zur Umsetzung des Minsker Friedensplans. Gleichzeitig wurden die gewalttätigen Proteste vor dem Kiewer Parlament verurteilt. Das Geschehen in Kiew sei "in jeder Hinsicht inakzeptabel - Gewalt gegen Beschlüsse eines demokratisch gewählten Parlaments umso mehr".

haz/sc (rt, afp, dpa)