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Politik

Madrid erleichtert über die Festnahme Puigdemonts

26. März 2018

Spaniens offizielle Seite ist erleichtert über die neuesten Ereignisse. Durch die Festnahme Puigdemonts könnte Bewegung in die Regierungsbildung in Katalonien kommen.

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Spanische und katalanische Flagge
Bild: picture-alliance/dpa/A. Gebert

Am Freitag schien der Geduldsfaden endgültig gerissen. Aus Madrid hagelte es Festnahmen im Katalonien-Konflikt. Gegen den mutmaβlichen Drahtzieher Carles Puigdemont wurde ein Euro-Haftbefehl ausgesprochen. Wochen vorher hatte der deutsche Unternehmer Karl Jacobi in einem Event mit dem katalanischen Parlamentspräsidenten Roger Torrent bereits lautstark geäuβert: "Ich stimme dafür, dass ihr alle (die Separatisten) ins Gefängnis wandert". Der in Barcelona lebende gebürtige Rheinländer freute sich deswegen besonders am Sonntag als sein Feindbild Nr.1 mit Handschellen abgeführt wurde: "Wir haben gefeiert, was das Zeug hält - mit Musik und Siegesrufen."

Jacobi, der die Separatisten auch gerne als "katalanische Nazis" beschimpft,  hatte zuvor indirekt damit gedroht, dass er 700 Unternehmen mobilisieren könnte, die Region zu verlassen, wenn es bis Sommer keine Regierung gäbe in Katalonien. Die von der Volkspartei PP geführte Regierung in Madrid stand damit erneut unter Zugzwang, da jetzt auch das so wichtige deutsche Kapital in Spanien offiziell und von den spanischen Medien gepuscht, Druck machte, endlich eine Lösung in Katalonien zu finden. Das medienwirksame Spektakel des katalanischen Parlaments der vergangenen Monate, nur Kandidaten für das Regierungsamt zu nomieren, die inhaftiert sind oder sich im Exil befinden, hat das spanische Image geschädigt: "Wir scheinen doch eine Bananenrepublik zu sein", sagt Jacobi, der seine Besorgnis auch gerne Premier Rajoy persönlich vortragen würde. Bisher hat er aber keinen Termin bekommen.

Spanien Premierminister Mariano Rajoy
Spaniens Premierminister Mariano RajoyBild: Getty Images/AFP/J. Soriano

Neue Regierung in Katalonien in Aussicht

Die gerade erfolgte Festnahme von Puigdemont in Deutschland ist nicht nur für Jacobi eine regelrechte Erleichterung, auch für die spanischen Medien, die sich seit Monaten nur noch im Kreis drehen mit ihrer Berichterstattung über Katalonien: "Die Deutschen haben saubere Arbeit geleistet", freut sich der Buchautor und politische Aktivist Leon Arsenal. Für den auf EU-Recht und Wirtschaft spezialisierten Madrider Universitätsprofessor Donato Fernández ist die Regierungsbildung in Katalonien wahrscheinlicher denn je: "Schlüsselfigur bei der bevorstehenden Regierungsbildung wird durch die letzten Ereignisse wahrscheinlich die linkspopulistische Partei Podemos, die in Katalonien mit  der Gruppe Catalunya en Comú - Podem vertreten ist."

Neuwahlen wolle jeder vermeiden, weil der Ausgang für beide Seiten sehr unsicher sei, glaubt Fernández. Nachdem die Sozialisten bereits ihrem Frontmann in Katalonien Miquel Iceta verboten haben, über einen separatistischen Kandidaten abzustimmen, bleibt eigentlich nur diese Möglichkeit. Denn die linksradikale CUP, mit der die Separatisten auf eine Mehrheit im Parlament kommen, will nur Puigdemont als Kandidaten: "Die Volksparteien können sich nicht 'beschmutzen' mit einem solchen Schulterschluss. Catalunya en Comú - Podem, die bei den letzten Wahlen 7,5% der Stimmen auf sich ziehen konnten, sympathisiert jedoch mit einigen Positionen der Separatisten und kann diese Rolle einnehmen", sagt Fernández, der sich seit Jahren in Aufsätzen und Artikeln mit dem Thema der katalanischen Unabhängigkeit beschäftigt.

Drohende Gewalt auf den Straβen macht Lösung noch dringender 

Spanien Barcelona Demonstration nach Inhaftierung von Puigdemont
Demonstration nach der Festnahme Puigdemonts in Barcelona am 25.3.Bild: Reuters/A. Gea

Angeheizt wird eine schnelle Lösung in Katalonien auch durch die Mobilisierung auf den Straβen durch separatistische Organisationen wie la Assemblea Nacional Catalana (ANC): "Wir werden kämpfen, bis alle unsere politischen Gefangenen wieder frei sind und die politischen Flüchtlinge wieder nach Hause kommen können", sagt die aktuelle Präsidentin des ANC, Elisenda Paluzie. Auch wenn die aktuelle Präsidentin der separatistischen PDECat, Marta Pascal, die Festnnahmen verurteilt, fordert sie ihre Kollegen auf: "Wir müssen jetzt schnell  eine Regierung bilden, um wieder die Kontrolle über unsere Regierungsorgane zu bekommen".

Die Aktivierung des Verfassungsartikels 155 im Oktober 2017 hatte zu einer Aussetzung der autonomen Gewalt in Katalonien geführt. Für Fernández ist Marta Pascal auch eine mögliche neue Kandidatin für das Regierungsamt, nachdem auch der letzte Versuch, den seit Freitag inhaftierten Jordi Turull, ins Amt des Regierungschef zu hieven, komplett fehlgelaufen ist.

Noch viele Zweifel über Hintergründe der Festnahme

Für den deutschen Wirtschaftsprofessor und in Spanien groβ gewordenenen Jürgen Donges ist jetzt nach der Festnahme von Puigdemont "eigentlich alles ganz einfach: Erstens, die Sezessionisten stellen sich ihrer strafrechtlichen Verantwortung: Ausgang offen. Zweitens, das am 21. Dezember 2017 gewählte katalanische Parlament wählt einen neuen President de la Generalitat, der sich keines Vergehens schuldig gemacht hat. Kandidaten hierfür gibt es durchaus. Was so einfach klingt ist in der politischen Praxis nur deshalb so schwer umzusetzen, weil die Hardliner nur allzu gerne den gegenwärigen Zustand der Zwangsverwaltung, bei dem sie ihre typische Opferrolle genießen können, beibehalten wollen".

Die Sprecherin von Junts per Catalunya (JxCAT), Elsa Artadi, hält zwar weiter an Carles Puigdemont als katalanischen Präsidenten fest, "aber das ist natürlich absurd und kann nur als Machtspiel mit Madrid angesehen werden", sagt der Chef der Kanzlei Roedl & Partner in Madrid, Georg Abegg, der anzweifelt, was wirklich hinter der Festnahme steckt. "Deutschland ist eines der wenigen Länder, wo es eine Grundlage für eine Festnahme wegen Hochverrat gab und es zudem ein dem spanischen Strafgesetz sehr ähnliche Rechtsprechung. Die Frage ist: Warum ist Puigdemont in die Falle gelaufen? Er hat ein Schar von Anwälten. Entweder er ist schlecht beraten oder dumm. Beides kann ich mir nicht vorstellen. Hier ist noch vieles unklar."