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Maghreb-Staaten kommen sich nicht näher

Dennis Stute25. Mai 2005

Es hätte das erste Treffen der nordafrikanischen Staatschefs seit elf Jahren werden sollen - dann platzte der Gipfel in letzter Minute. Dabei wäre eine stärkere Zusammenarbeit wichtig für die Länder des Maghreb.

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Algeriens Präsident Bouteflika bleibt bei seiner Meinung zur WestsaharaBild: dpa

Noch am Montag trafen sich die Außenminister der fünf Maghreb-Staaten in der libyschen Hauptstadt Tripolis, um das dort für Mittwoch und Donnerstag (25./26.5.2005) geplante Gipfeltreffen der Union des Arabischen Maghreb (UAM) vorzubereiten. Schon am Abend war die Hoffnung, das seit elf Jahren erstarrte Bündnis könne wieder belebt werden, zerstoben: Der Gipfel sei auf unbestimmte Zeit verschoben worden, hieß es aus der libyschen Hauptstadt, da der marokkanische König Mohammed VI. seine Teilnahme überraschend abgesagt habe.

Das marokkanische Außenministerium begründete den Schritt damit, dass der algerische Präsident Abdelaziz Bouteflika am Wochenende die Unterstützung seines Landes für die Widerstandsbewegung Polisario bekräftigt habe, die eine Unabhängigkeit der Westsahara von Marokko anstrebt.

Politische Gemeinsamkeiten gleich Null

Die Absage wirft ein Schlaglicht auf die Probleme, denen sich die UAM seit ihrer Gründung 1989 gegenübersieht. "Die UAM ist der Versuch, eine Region zusammenzubringen, die große kulturelle Gemeinsamkeiten hat, deren politische Gemeinsamkeiten aber gleich Null sind", sagt Werner Ruf, einer der profiliertesten deutschen Experten für den Maghreb.

Das Ziel, einen gemeinsamen nordafrikanischen Markt zu schaffen, sei jedoch sinnvoll: Mit Abstand wichtigster Handelspartner von Algerien, Mauretanien, Marokko, Libyen und Tunesien sei derzeit die Europäische Union und dort vor allem die ehemalige Kolonialmacht Frankreich, während der Warenaustausch der Maghreb-Staaten untereinander nur rund drei Prozent des Außenhandels ausmache.

Keine Sprachbarrieren

Dabei könnten sich die Volkswirtschaften gut ergänzen, glaubt der emeritierte Professor der Universität Kassel: So sei Marokko der größte Agrarproduzent der Region, während das benachbarte Algerien 80 Prozent der Lebensmittel einführen müsse. Die hoch qualifizierte Intelligenz Tunesiens könne ohne Sprachbarrieren in Algerien und Libyen arbeiten, wo es gigantische Energiereservoirs gebe.

Den Potenzialen der UAM stünden indessen nur magere Ergebnisse gegenüber. "Es hat auf allen Ebenen Anstrengungen gegeben - es ist aber kaum etwas dabei herausgekommen", sagt Ruf. Der Konflikt zwischen Algerien und Marokko um die 1976 von Marokko annektierte ehemalige spanische Kolonie Westsahara, Hauptgrund für die Funktionsunfähigkeit der AMU, sei keineswegs die einzige Ursache. Zwischen den Staaten gebe es darüber hinaus eine Vielzahl von kleineren Rivalitäten.

Problem Westsahara

Damit die UAM funktionieren könne, müssten sich allerdings zunächst Marokko und Algerien annähern, sagt Sonja Hegasy vom Zentrum Moderner Orient in Berlin. Dass sich Marokko in der Westsahara-Frage bewegt, bezweifelt Hegasy jedoch: "Es gibt in Marokko einen Konsens über alle Lager hinweg, dass die Westsahara nicht unabhängig werden soll." Auch Algerien dürfte sich kaum bewegen. Seit der Unabhängigkeit sei es eine Konstante in Algeriens Außenpolitik gewesen, für das Selbstbestimmungsrecht der Völker einzutreten, sagt der Politologe Ruf. Für Präsident Bouteflika hätte es schon einen Gesichtsverlust bedeutet, sich mit dem marokkanischen König an den Konferenztisch zu setzen, ohne die Position Algeriens im Vorfeld deutlich zu machen, glaubt Ruf.

Versöhnliche Signale

Zwar wurden Bouteflikas Äußerungen von Marokko in scharfen Worten kritisiert, doch zugleich sendete Außenminister Mohammed Benaissa auch versöhnliche Signale: "Ich glaube, dass die libysche Präsidentschaft die notwendigen Konsultationen mit den Mitgliedsstaaten durchführen wird und glaube, dass es Hoffnung gibt, dass wir das Problem klären und unter einem klaren Himmel zum Gipfel zurückkehren."