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Kernfusionsexperiment erstaunlich präzise

11. Dezember 2016

Die Kernfusionsanlage in Greifswald hat im ersten Betriebsjahr ihr erstes Ziel hervorragend absolviert. Die erzeugten Magnetfeldlinien treffen auf ein Hunderttausendstel genau. Ist es das richtige Konzept für die Fusion?

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Wendelstein - Forschungsreaktor 7-X
Bild: picture-alliance/dpa

Folgt man einer Magentfeldline über eine Länge von 100 Metern, also etwa über die Länge eines Fußballfelds, dann trifft sie ihr Ziel auf einen Millimeter genau. So beschreibt das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Greifswald seinen jüngsten Erfolg im Kernfusionsprojekt Wendelstein 7-X.

Die Fusionsanlage, bei der das Plasma-Gefäß die Form eines "Stellarators" hat, kann damit ein Magnetfeld auf ein Hunderttausendstel genau erzeugen. Die Auswertung der Ergebnisse ist Ende November in der Fachzeitschrift "Nature Communications" erschienen. 

Der Stellarator ist eine von zwei möglichen Gestaltungsformen eines Kernfusionsreaktors. Im Vergleich zum sogenannten Tokamak ist er sehr viel komplexer gestaltet und sieht aus, wie ein mehrfach verdrehter Schlauch. Das Experiment Wendelstein 7-X soll zeigen, wie gut diese Bauform funktioniert. Daher findet dort auch keine Kernfusion statt, sondern das Plasma wird nur mit einem Mikrowellenofen erzeugt. 

Dem Max-Planck-Institut zufolge ist jetzt klar wie exakt das gewünschte Magnetfeld von den speziell geformten, supraleitenden Stellarator-Spulen erzeugt werden kann.

Die erste Experimentierphase in der Greifswalder Kernfusionsanlage ist damit erfolgreich abgeschlossen worden. Mit den Ergebnissen sei man mehr als zufrieden, sagte Projektleiter Thomas Klinger. 

Wendelstein 7-X war im Dezember 2015 erstmals gestartet worden. Der Reaktor dient der Erforschung der Kernfusion als mögliche Energiequelle. Ähnlich wie die Sonne soll in künftigen Kraftwerken aus der Verschmelzung von Atomkernen Energie gewonnen werden.

Typ Stellarator: Moderner als die Konkurrenz

Wendelstein 7-X gilt als weltweit modernste Testanlage. Die Forscher glauben, dass sich der Stellarator besser für einen Dauerbetrieb in einem echten Kernfusionskraftwerk eignet als ein Tokamak. Bisher wurden alle tatsächlichen Kernfusionen in Tokamaks durchgeführt. Sie dauerten stets nur wenige Sekunden bis Minuten. Auch der Forschungsreaktor ITER, der derzeit in Südfrankreich gebaut wird ist ein Tokamak.  

Die Greifswalder Forscher wollen in laufe des vier Jahre dauernden Betriebes von Wendelstein 7-X Entladungen von bis zu einer halben Stunde Dauer erreichen. In der nun abgeschlossenen Phase haben sie Wasserstoffplasmen von sechs Sekunden erzeugt, berichtet das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik.

Deutschland Forschungsreaktor Wendelstein 7-X in Greifswald
Im ringförmigen Plasmagefäß des Forschungsreaktor Wendelstein 7-XBild: picture-alliance/dpa/S. Sauer

Die Maschine wird nun für die nächste Experimentierrunde aufgerüstet. Rund 6200 Kohlenstoffkacheln und spezielle graphitbeschichtete Prallplatten werden zum Schutz der Gefäßwände eingebaut. Prallplatten sind die Teile eines Kernfusionsreaktors, wo die heißen Gase aus dem Plasma zuerst auf festes Material treffen. Sie müssen extrem hitzebeständig sein.

Das zu schaffen ist derzeit eine der größten Herausforderungen an die Materialforscher bei der Entwicklung nachhaltig funktionierender Fusionskraftwerke, die ja dann rund um die Uhr laufen müssen.  

Mit dem Nachweis exakter magnetischer Flächen sei das erste Ziel von Wendelstein 7-X erreicht, berichtet das Max-Planck-Institut in einer Mitteilung. Die Forscher räumen aber auch ein, dass das Wendelstein-Team noch viele Fragen beantworten müsse. Bisher sei  also auch noch nicht klar, ob der Stellarator das richtige Konzept für die Fusion sei. 

Das Institut beschäftigt rund 500 Mitarbeiter. Das rund eine Milliarde Euro teure Projekt wird von der EU, dem Bund und mit acht Prozent vom Land Mecklenburg-Vorpommern finanziert.

tk,fs (Max-Planck-Institut, dpa)