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"Magyar Nemzet" berichtet über frühere Agententätigkeit des ungarischen Premierministers Medgyessy

19. Juni 2002

– Innenministerin ordnet Untersuchung an, Oppositionsführer Pokorni befürchtet "schwerste Verfassungskrise aller Zeiten"

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Köln, 19.6.2002, MTI, DUNA TV

MTI, engl., 18.6.2002

Premierminister Peter Medgyessy hat erklärt, er sei niemals Geheimagent gewesen. Ein Artikel in der Dienstagsausgabe (18.6.) der Tageszeitung "Magyar Nemzet" ziele darauf an, die Aufmerksamkeit von den Leistungen der Regierung in den letzten Wochen abzulenken. Vor dem Beginn der Parlamentssitzung fügte der Premier hinzu: "Bei dem Artikel geht es darum, die Leute dazu zu bringen, über Themen zu sprechen, die nur für einige wenige von Interesse sind, statt über das, was das Land wirklich interessiert". Medgyessy wies darauf hin, dass die Richter, die ihn überprüften, erklärt hätten, er sei kein Agent gewesen, eine Tatsache, die auch der Opposition bekannt sei. Er habe in der Vergangenheit nichts getan, für das er sich schämen müsse.

In dem Artikel von "Magyar Nemzet" hatte es geheißen: "Vor 24 Jahren berief Innenminister Andreas Benkei den Geheimdienstagenten D-209, Peter Medgyessy, in die Leitung der 7. Operativen Einheit der Abteilung 3/2 des Innenministeriums. Agent 209 war vor seiner Beförderung Abteilungsleiter im Finanzministerium." Die Zeitung veröffentlichte auf ihrer Titelseite zudem eine Fotokopie des entsprechenden Dokuments.

MTI, engl., 18.6.2002

(...) In einem Interview mit den Privatsendernendern TV2 und RTL Klub, das in den Abendnachrichten ausgestrahlt wurde, sagte Medgyessy, er stimme den Menschen zu, die wünschten, dass die Geheimdokumente aus der Zeit vor 1990 frei gegeben werden sollten. Wenn die Mitglieder des Parlaments sich dafür entschieden, werde auch er für das entsprechende Gesetz stimmen. (...)

Medgyessy erklärte, als er beim Finanzministerium gearbeitet habe,(..) habe er im Zusammenhang mit seiner Arbeit mit vertraulichen Dokumenten umgehen und verschiedene Entscheidungen vorschlagen müssen, die es für ihn erforderlich gemacht hätten, die ungarischen Interessen zu schützen und für den geeigneten Schutz des Landes gegen feindliche Geheimdienstoperationen zu sorgen.

"Ich kann jedoch eines sagen: Wenn ich das Gefühl habe, dass das Vertrauen in meine Person erschüttert ist, sei es in der Parlamentsfraktion der Ungarischen Sozialistischen Partei oder beim Bund Freier Demokraten, dann werde ich, und niemand anders als ich, beschließen, meinen Amt an jemand anderen zu übergeben", so Medgyessy. (MK)

DUNA TV, ungar., 18.6.2002

Offizielle Vertreter des Innenministeriums haben erklärt, dass es in den Archiven des Ministeriums keine Spuren irgendwelcher Akten gäbe, die bewiesen, dass Peter Medyessy jemals in einer Arbeitsbeziehung zu dem Ministerium gestanden habe. Laut der Erklärung des Innenministeriums gibt es in dem Archiv des Ministeriums keine Spuren eines Dokuments, das (Wort unverst. - MD), dass Premierminister Peter Medgyessy in den 1960er Jahren irgendeine Arbeitsbeziehung zu dem Ministerium oder der Divisionsführung von Abteilung 3, die das Ministerium leitete, gehabt habe. Innenministerin Monika Lamperth ordnete eine Untersuchung der Angelegenheit an. Die Angehörigen der Abteilung 3/2 waren mit Aufgaben der Spionageabwehr und Operationen auf dem Territorium ausländischer Staaten im Bereich der internationalen Kooperation, des Tourismus und der Wirtschaft betraut. (MK)

MTI, engl., 18.6.2002

Der Vorsitzende der größten Oppositionspartei Fidesz-Ungarische Bürgerpartei, Zoltan Pokorni, hat am Dienstag erklärt, es sei notwendig, die Gesetz über Agenten zu ändern oder eine völlig neue Vorlage einzureichen.

(...) Der Fidesz-Vorsitzende sagte, er bedaure, dass der Premierminister "keine wirkliche Klarstellung abgegeben hat, sondern lediglich versucht hat, die Geschichte vom Tisch zu erläutern".. "Fidesz erwartet weiterhin von Peter Medyessy, dass er eine deutliche Antwort auf die Frage abgibt, ob er ein Spitzenagent des Innenministeriums unter dem früheren Regime war oder nicht", so Pokorni.

Er fügte hinzu, so lange wie auf diese Frage keine glaubwürdige Antwort gegeben sei, bedrohe die persönliche moralische Krise des Premierministers Ungarn mit der schwersten Verfassungskrise aller Zeiten. (...) (MK)