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Mahmud Abbas stellt sich zur Wahl

9. Januar 2005

Etwa 1,8 Millionen Wahlberechtigte sind am Sonntag (9.1.) aufgerufen, einen neuen palästinensischen Präsidenten zu wählen. Spitzenkandidat ist Mahmud Abbas: Er ist politisch erfahren, aber auch umstritten.

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Abbas bei der Stimmabgabe in RamallahBild: AP

Der PLO-Chef Mahmud Abbas ist haushoher Favorit für die palästinensische Präsidentschaftswahl am Sonntag (9.1.2005). Als entschiedener Gegner des seit mehr als vier Jahren andauernden Aufstands der Palästinenser gegen Israel hat er sich im Wahlkampf für eine Wiederaufnahme der Friedensgespräche mit der israelischen Regierung eingesetzt. Auf der anderen Seite hat er sich demonstrativ hinter die bewaffneten palästinensischen Gruppen gestellt und mit von Israel gesuchten Extremisten getroffen. Ein schwieriger Spagat.

Palästinenser Wahlen Mahmud Abbas Plakat und Felsendom
Abbas-Wahlplakat vor dem Hintergrund des FelsendomsBild: AP

Rund 1,8 Millionen wahlberechtigte Palästinenser über 18 Jahre stimmen über den neuen Präsidenten ab. Davon haben sich laut zentraler Wahlkommission etwas mehr als 1,2 Millionen, also etwa 70 Prozent, auf den Wahllisten eingeschrieben. Aber auch wer dort nicht registriert ist, darf unter Vorlage seines Personalausweises abstimmen. Neben rund 16.000 Helfern der zentralen Wahlkommission sowie Mitarbeitern der Kandidaten und Parteien sollen etwa 6000 örtliche Wahlbeobachter für eine reguläre Abstimmung sorgen. Außerdem werden hunderte internationale Wahlbeobachter erwartet, unter anderem von der Europäischen Union.

Palästinenser Wahlen Mahmud Abbas
PLO-Chef Mahmud Abbas bei einem Wahlkampfauftritt in NablusBild: AP

Spitzenkandidat Abbas ist politisch erfahren: Präsident Jassir Arafat hatte ihn zum Ministerpräsidenten ernannt, Meinungsverschiedenheiten mit Arafat zwangen ihn zum Rücktritt, und Arafats Tod im November 2004 ebnete Abbas den Weg an die Macht. Die gesamte Politikerkarriere von Mahmud Abbas war eng mit dem mächtigen Palästinenserpräsidenten verflochten, doch stets stand er in dessen Schatten. Mit Arafats Tod kehrte der ewige Vize ins politische Rampenlicht zurück. Bei der Wahl eines Nachfolgers für Arafat wird dem 69-Jährigen ein haushoher Sieg vorausgesagt. Doch der moderate Politiker ist in seiner Heimat nicht unumstritten - vor allem wegen seiner Aufrufe zur Gewaltfreiheit.

Kleiner Schritt

Der palästinensische Interims-Führer Mahmoud Abbas Wahlkampf
Volksnah bei einem Wahlkampfauftritt im Gaza-StreifenBild: AP

Dass Abbas auf seinen einstigen Weggefährten an die Spitze der Palästinenserführung folgen würde, war schnell klar. Bereits wenige Stunden nach Arafats Tod wurde der Politiker mit dem Kampfnamen "Abu Masen" zum neuen Chef der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) ernannt. Von dort war es nur noch ein kleiner Schritt zur Präsidentschaftskandidatur für die Fatah-Organisation, der größten Partei innerhalb der PLO.

Für die internationale Gemeinschaft wäre ein Palästinenserpräsident Abbas ein Glücksfall, gilt er doch als Mann des Ausgleichs, der auf Verhandlungen statt auf Gewalt setzt. Das betonte Abbas auch während seiner Wahlkampfveranstaltungen immer wieder. Mit seinen wiederholten Aufrufen zu einer gewaltfreien Intifada - dem Widerstand gegen Israel - trotzte er der Kritik radikaler Gruppen wie der Hamas-Organisation.

Bewegte gemeinsame Vergangenheit

Bildgalerie Arafat - Arafat mit Abbas
Einstige Weggefährten und Rivalen: Jassir Arafat und Mahmud AbbasBild: AP

Dass er nach der aufreibenden Konfrontation mit Arafat ein Comeback feiern würde, hätten viele Beobachter "Abu Masen" nicht zugetraut. Der monatelangen Funkstille zwischen Abbas und Arafat folgte schließlich eine vorsichtige Annäherung. Die beiden Rivalen blicken auf eine bewegte gemeinsame Vergangenheit zurück. Ende der 1950er Jahre gründeten sie zusammen die Fatah-Bewegung. Abbas drängte jedoch im Unterschied zu seinem Mentor schon lange auf Verhandlungen mit Israel. Schon 1974 knüpfte er erste Kontakte zu Vertretern der israelischen Linken. 1993 spielte er eine maßgebliche Rolle beim Zustandekommen der Abkommen von Oslo über die palästinensische Autonomie. Bei der internationalen Friedenskonferenz in Madrid 1991 führte Abbas die palästinensische Delegation an.

In der palästinensischen Bevölkerung stößt Abbas' versöhnliche Haltung gegenüber Israel auf Argwohn. Auch gilt er als uncharismatischer Bürokrat. Anstatt mit olivgrünen Anzügen und Palästinensertuch Kampfgeist auszudrücken wie Arafat, präsentiert sich Abbas wie seine westlichen Gesprächspartner mit Anzug und Krawatte. Doch bei seinen Wahlkampfauftritten zeigte sich Abbas volksnah und ließ sich von jubelnden Anhängern auf den Schultern tragen. Auch im Gazastreifen, der Hochburg der islamistischen Gruppen Hamas und Islamischer Dschihad, wurde der säkulare PLO-Chef mit Begeisterungsstürmen empfangen. Bereits vor dem Urnengang präsentierte er sich als strahlender Sieger. (kap)