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Das Ozonloch verschwindet

Karin Jäger15. September 2014

Forscher geben Entwarnung: Die Ozonschicht wird sich regenerieren. Dank des Eingreifens der Weltgemeinschaft scheint die Katastrophe abgewendet. Aber es wird Jahrzehnte dauern, bis das Ozonloch geschlossen ist.

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Ozonloch über der Antarktis
Ozonloch über der AntarktisBild: NASA

Es ist nicht immer da. "Gerade entwickelt sich wieder ein Ozonloch über der Antarktis. Es wird wieder genauso ausgeprägt sein wie in den letzten Jahren", sagt Markus Rex. Der Atmosphären-Physiker vom Alfred-Wegener-Institut (AWI) in Potsdam gehört zu der 300-köpfigen Forschergruppe, die für die Vereinten Nationen einen Bericht über die Entwicklung der Ozonschicht verfasste.

Zufall oder Absicht?

Einzelheiten der Studie, an der neben Wissenschaftler des AWI, auch solche des Forschungszentrums Jülich, des Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrums und der FU Berlin beteiligt waren, wurden vom UN-Umweltprogramm (UNEP) kurz vor dem 20. "Internationalen Tag für den Schutz der Ozonschicht" (16.09.2014) und vor dem UN-Treffen der Staats- und Regierungschefs zum Klimawandel (23.09.2014) in New York veröffentlicht.

Die Erkenntnis, dass sich die Ozonschicht der Erde in den nächsten Jahrzehnten bis 2050 vollständig regenerieren wird, gilt als ein Erfolg der internationalen Staatengemeinschaft. 1987 hatten 190 Staaten gemeinsam im Montrealer Protokoll die Notbremse gezogen: Sie hatten sich verpflichtet, ozonschädigende Substanzen wie Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) erst zu reduzieren und dann gänzlich zu verbieten.

FCKW wirkte als Treibgas in Spraydosen, Kältemittel in Kühlschränken oder als Reinigungs- und Lösungsmittel. Doch das durchsichtige, geruchlose und unbrennbare Gas hatte fatale Auswirkungen: Es griff die Ozonschicht an - jene Schicht in der Stratosphäre, die in zehn bis 50 Kilometer Höhe die extrem heißen ultravioletten (UV) Sonnenstrahlen filtert und ins All reflektiert.

Nur im Winter über der Antarktis sichtbar

Rex kann das Ozonloch von der Größe Nordamerikas über Satellitendaten erfassen. Obwohl die winterliche Sonne am Südpol nur flach am Himmel steht, wirken die Strahlen dort so stark wie im südlichen Kalifornien. Ozonkiller wie Fluorkohlenwasserstoffe reagieren chemisch besonders gut bei großer Kälte und zerstören so die Ozonschicht an den Polen. Gut für die Menschheit, sagt der Forscher: "Es hat sich an einem der besten Orte unseres Globus' entwickelt - in der Antarktis und temporär in der Arktis. Dort sind nur wenige Menschen betroffen."

Dr. Markus Rex
Markus Rex: "Alles tun, um Klima zu schützen."Bild: privat

Hätte sich das Ozonloch an einer wärmeren, bewohnten und industriell oder landwirtschaftlich bewirtschafteten Stelle in der Stratosphäre ausgebreitet - die massiven Wirkungen auf Bewohner und Pflanzen wären verheerend: Denn durch die ultravioletten Strahlen verbrennt die Haut und Pflanzen verdörren.

Hysterie in den 1980er und 90er Jahren

Charlotta Lomas kennt die Auswirkungen des Ozonlochs. Die DW-Umweltredakteurin stammt aus Australien: "Dort fühlt sich die Sonne intensiver, heißer an. Im Sommer kann ich mich nicht länger als 15 Minuten ohne Sonnenschutz draußen aufhalten, sonst verbrennt meine Haut und die Augen tränen."
In den 1980er und 90er Jahren warnten Wissenschaftler weltweit vor Hautkrebsgefahr. Medien schürten Ängste durch regelmäßige Katastrophenszenarien, die sich in der Erdatmosphäre abspielen sollten. Aber der atmosphärische Gau ist ausgeblieben. Ohne die Einigung auf ein FCKW-Verbot wäre die Ozonschicht 2050 weltweit fast komplett zerstört, sagt Geopysiker und Meteorologe Markus Rex.

Andererseits wird es mehr als 60 Jahre dauern, ehe sich die Ozonschicht regeneriert. Die FCKW sind sehr stabil und bauen sich in der Atmosphäre nur langsam ab. Und die Ozonschicht ist viel sensibler, viel dünner, als man denkt: Reihte man alle Ozonmoleküle in der rund 35 Kilometer dicken Stratosphäre aneinander, wäre die Schicht reinen Ozongases gerade mal drei Millimeter dick.
Aber Wissenschaftler wie Martin Dameris vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt sind sich sicher, dass sich die Ozonschicht wieder regeneriert. "Bis zur Mitte des Jahrhunderts sollte sich die Ozonschicht wieder erholt haben", sagt Dameris - solange die FCKW-Emissionen weiterhin vermieden werden.

Symbolbild Sonnenbrand
Sonnenbrand - die Vorstufe von HautkrebsBild: Fotolia/soupstock

Ozonkiller Methylbromid weiter im Umlauf

Nicht minder schädlich für die Stratosphäre ist die Chemikalie Methylbromid. Sie wird in Reis produzierenden Ländern wie China, Indien und auch Kenia zur Ungezieferbekämpfung eingesetzt. Wegen der gleichen Wirkung werden auch Vollholz-Verpackungen und Transportpaletten vor dem Export mit Methylbromid begast. Das giftige Brom reagiert mit Ozon noch stärker als das Chlor der FCKW. Im Montreal-Protokoll wurde zwar der Ausstieg aus der Nutzung von Methylbromid als Begasungsmittel festgelegt, doch der Zeitpunkt dafür wurde immer wieder verschoben.

Wechselwirkung zwischen Ozonloch und Klimawandel

Die Ozonschicht ist integraler Bestandteil des Klimasystems. So hat das Ozonloch massivere Auswirkung auf den Klimawandel in der südlichen Hemisphäre als die Treibhausgaskonzentration.

Andererseits beobachten die Wissenschaftler, dass der Klimawandel zur Erholung der Ozonschicht beiträgt. Die Forscher stützen sich auf Modelle, die die Bewegungen in der Atmosphäre nach physikalischen Grundsätzen und chemischen Reaktionen berechnen.

Nun wünschen sich Umweltschützer und Forscher, die Politik möge sich zu ähnlichen Verbindlichkeiten zur Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen verpflichten wie beim FCKW, um den Klimawandel aufzuhalten: "Schnelle Klimaänderungen sind Stress für unsere Wirtschafts- und Gesellschaftssysteme, der zu Krisen und Konflikten führen kann", mahnt Geophysiker Markus Rex vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung. "Daher sollten wir alles tun, um unser Klima zu schützen."

Doch angesichts der Tatsache, dass einer Studie des World Resources Institute (WRI) in Washington zufolge weltweit 1200 neue Kohlekraftwerke gebaut werden sollen, größtenteils in den Schwellenländern China und Indien, ist der Wunsch des Wissenschaftlers Markus Rex wohl ein frommer.