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Malis künstliche Bleichgesichter

Tina Gerhäusser, Bamako1. Oktober 2005

Reporterin Tina Gerhäusser hat ihre helle Haut unter der Sonne Malis schon hundert Mal verflucht: Sie brennt weg und verrät ihre fremde Herkunft. Viele Malierinnen dagegen riskieren ihre Gesundheit, um heller auszusehen.

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"Du musst auf die Ellenbogen schauen und in die Falten um die Fingergelenke", sagt Celia. Wir gehen über den riesigen Markt im Zentrum von Bamako, auf der Suche nach Malierinnen, die ihre Haut aufhellen. Celia ist Journalistin, und ihre Haut ist tiefschwarz. In einem Laden für Kosmetik verstehe ich, was sie meint. Die Verkäuferin hat einen Teint wie Jennifer Lopez, nur die Fältchen zwischen Schläfe und Wangenknochen verraten, dass sie im Grunde genommen viel dunklere Haut hat. Widerwillig zeigt "J-Lo" uns die verschiedenen Aufhellmittel. 5000 Francs CFA kostet eine Dose von der besten, hausgemachten Creme – soviel wie sechzehn Kilo Reis oder eine Reise ins Heimatdorf.

Das Vorbild heißt Clara

fernschreiber mali, tina gerhäusser Hände

Jede vierte, fünfte Malierin, der wir begegnen, trägt die Spuren der Aufheller im Gesicht oder am Dekolleté. Die Anwendung ist einfach: Zwanzig Minuten vor dem Waschen soll man die Aufhellercremes mit ihren so viel versprechenden Namen wie "Clara Clear" oder "Skin light" auftragen. "Aber wenn sie die über Nacht einziehen lassen, das ist nicht gut", sagt ein Verkäufer in einem anderen Cremestübchen, "das reißt dann an der Haut". Die Cremes enthalten alle entweder das Hormon Steroid oder den Wirkstoff Hydrochinon. "Die sorgen dafür, dass die Bildung von schwarzen Pigmenten unterdrückt wird", sagt der Hautarzt Pierre Traoré. "Aber das sind wirklich keine Kosmetikprodukte, sondern Medikamente", fügt er mit mahnender Mine hinzu: "Wir verwenden das hier in ganz bestimmten Dosen, um Krankheiten wie Dermatose zu behandeln."

Wer hell sein will, wird leiden

Wer einmal in den Cremetopf gegriffen hat, darf nicht mehr aufhören. Denn ohne die Pigment-Blocker kommt die schwarze Farbgebung zurück. Dass die Pigmente lebenswichtigen Schutz bieten, erfahren viele Frauen erst im Behandlungszimmer von Pierre Traore. Dann, wenn Pilze oder Bakterien ihre Haut befallen haben, oder wenn sie, in schlimmen Fällen, Diabetes oder Schwangerschaftsstreifen am ganzen Körper bekommen haben. Schönheit geht vor Gesundheit – das ist ja beim Thema Hautfarbe in Deutschland nicht anders.

fernschreiber mali, tina gerhäusser Arzt
In der Praxis von Pierre Traore, Dermatologe

"Viele Frauen können uns noch nicht einmal sagen, warum sie die Aufheller nehmen", sagt Abdoulaye Teme, der Assistent von Pierre Traore. Und auch die Kundin im Kosmetikladen, die Celia und ich vorsichtig auf ihre Motive ansprechen, zuckt nur leicht mit den Schultern und lächelt verlegen.

Black ist beautyful

Helle Haut sei eben ein altes Schönheitsideal in Westafrika, meint Pierre Traore. Die jungen Männer, die ich frage, erheben Einspruch. "Wenn das so weitergeht, dann gibt es in Schwarzafrika irgendwann keine Schwarzen mehr", sagt Frauenschwarm Togolas. Er schreibt deshalb Artikel gegen das Aufhellen für die Uni-Zeitung. Und – was sicher viel wirksamer ist – er macht Frauen mit dunkler Haut Komplimente.