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Mama auf Probe - mit dem Elternpraktikum üben Teenager

Mareike Röwekamp27. Februar 2009

Was würde es für mich bedeuten, als Schülerin ein Kind zu bekommen? Ein Nachdenken über diese Frage möchte das Projekt "Baby-Bedenkzeit" anregen: Ein "Babysimulator" macht Schülerinnen für eine Woche zu Müttern.

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die Babysimulatoren haben verschiedene Hautfarben, sind männlich oder weiblich 13.02.2009 (Foto: Mareike Röwekamp)
Die Babysimulatoren haben verschiedene Hautfarben, sind männlich oder weiblichBild: DW

Die jungen Mädchen sollen lernen was es bedeutet, ein Kind zu bekommen. In Deutschland werden im Schnitt sieben bis acht Mädchen von 1000 im Teenageralter schwanger, so eine Studie von Profamilia, der Deutschen Gesellschaft für Familienplanung, Sexualpädagogik und Sexualberatung. 90 Prozent dieser Schwangerschaften sind ungewollt.

Puppen verhalten sich wie echte Babys

Ganz rechts Kati mit Emily (13.02.2009/Mareike Röwekamp)
Ganz rechts Kati mit EmilyBild: DW

Um den Jugendlichen zu vermitteln, wie es ist, Mutter zu sein, gibt es Babypuppe zum Ausprobieren. Alles was ein echter Säugling kann, kann die Puppe auch: wimmern, brüllen, in die Windeln machen, trinken und einiges mehr. Die Jungenpuppe Michel liegt in seinem roten Strampler in einem Tragekorb und will sich einfach nicht beruhigen lassen. Nicht einmal das Fläschchen, das ihm die 17-Jährige Julia anbietet, besänftigt ihn. Was er wohl hat? "Er ist einfach so jetzt unzufrieden. Ich muss jetzt erst ein bisschen warten und es dann wieder versuchen", meint Julia.

Ihr steckt die letzte Nacht noch in den Knochen. Seit zweieinhalb Tagen ist sie Mutter - und ständig will der kleine Michel etwas: sein Fläschchen oder eine frische Windel, getragen oder geherzt werden. Ganz so hat sie sich das "Kinderkriegen" nicht vorgestellt: "Für mich ist das schon eine Belastung", meint die Jugendliche.

Bewusst mit dem Thema Schwangerschaft umgehen

"Michel" ist zwar kein echtes Baby. Aber sein eingebauter Computerchip ahmt ein Babyleben ziemlich genau nach. Das Projekt wurde an Julias Schule angeboten, mit dem Ziel, bereits in jungen Jahren bewusst mit dem Thema Schwangerschaft umzugehen. Insgesamt sechs Schülerinnen des Landrat-Lukas-Gymnasiums in Leverkusen kümmern sich eine Woche lang um eigene Computerbabys. Der eingebaute Chip zeichnet auf, wie oft sich die Mütter um ihre Kinder kümmern. Die Beratungsstelle Pro Familie in Leverkusen betreut die "Baby-Bedenkzeit", so der Name des Projektes.

Am Morgen des dritten Tages trifft sich die Gruppe im "Mütter-Café", das in Wirklichkeit das Klassenzimmer der Schülerinnen ist. Sie diskutieren ihre ersten Erfahrungen. Die 17-Jährige Kati füttert dabei ihre "Emily":"Man spricht es schon so an und sagt 'Jaaa?', so nach dem Motto, wie geht’s Dir? Oder ‚boaah, kannst Du jetzt mal still sein!' Aber man sagt auch: 'Was möchtest Du denn, hm? Schaukel ich Dich jetzt ein bisschen hin und her?’ Also in so einem liebevollen Mutterton. Das kommt schon vor", berichtet die junge Probemama.

Nicht der Richtige Zeitpunkt für ein "echtes" Kind

Kursleiterin Pia Heck (Foto: Mareike Röwekamp)
Kursleiterin Pia HeckBild: DW

Die eigene Lebensplanung zu reflektieren, sich selbst seiner Entscheidungen bewusst zu werden – das versucht das "Elternpraktikum" zu erreichen. Pia Heck von Pro Familia in Leverkusen leitet den Kurs: "Es geht im Wesentlichen um Selbstbestimmung - statt abzuschrecken oder ein schlechtes Gewissen zu machen. Wir wollen das Selbstvertrauen stärken. Es geht nicht darum, Angst vor Sexualität zu machen."

Drei Tage später ist das Projekt zu Ende. Und dabei gibt es auch überraschende Ergebnisse: Kati, die ihre Emily wieder abgeben musste sehne sich jetzt erst nach dem Moment, ein Kind zu bekommen: "Aber dadurch, dass ich erst Karriere machen möchte, dauert es dann so lange - das finde ich ein bisschen schade." Julia hat Dank "Michel" hingegen festgestellt, dass ein Kind für sie jetzt wirklich nicht das Richtige wäre. Sie hat gar nicht bis zum Ende durchgehalten und die Computerpuppe zwischenzeitlich bereits zurückgegeben: "Auch wenn es nur eine Puppe war, war es eine sehr große Verantwortung. Und ich kam auch irgendwie nicht so mit dem Druck klar. Ich hatte dann auch einen roten Kopf und hab Pusteln gekriegt. Stresspusteln. Ich war überfordert", gibt sie zu.

Sein Ziel hat der Kurs auf alle Fälle erreicht: Er hat gezeigt, wie anstrengend es ist, für ein neugeborenes Kind gut zu sorgen.