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Man singt deutsch

Marcel Fürstenau1. Oktober 2004

Nicht erst seit Europa friedlich zusammenwächst, ist deutsches Liedgut scheinbar vom Aussterben bedroht. Das beunruhigt nun sogar die Parlamentarier in Berlin.

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Das waren noch Zeiten, als sich ein deutscher Bundespräsident höchstpersönlich um die Pflege (ein)heimischen Liedguts kümmerte. "Hoch auf dem gelben Wagen" trällerte Walter Scheel in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, konnte den Niedergang des deutschen (Volks)lieds in den Unterhaltungsmedien damit aber auch nicht aufhalten. Im Gegenteil: Der Anteil hierzulande produzierter Musik vor allem in deutschen Radio-Programmen ist immer kleiner geworden. Mittlerweile erscheint er vielen so gering, dass sie befürchten, deutsche Musik könnte aussterben. Unerhört!

Um dem Schicksal eine andere Wendung zu geben, haben nun rund 600 mehr oder weniger bekannte Musiker eine Resolution unterschrieben: "Für eine Quote für Musik aus Deutschland". Ihr Anliegen fand Gehör nicht nur bei ihren Fans, sondern – und das ist die eigentliche Sensation – bei den Volksvertretern. Die veranstalteten nun zwar kein Pop-Konzert unter dem Motto "Made in Germany", aber immerhin eine öffentliche Anhörung unter Beteiligung aller möglichen Sachverständigen. Darunter waren mit Inga Humpe und Jim Rakete zwei ausgewiesene Experten der deutschen Musik-Szene.

Das Bild, dass sich da im Sitzungssaal 3101 des Marie-Elisabeth-Lüders*-Hauses bot, dürfte in die Parlamentsgeschichte eingehen: oben auf der Tribüne Stars wie Xavier Naidoo und Udo Lindenberg (wie immer mit Hut und Sonnenbrille), unten vor allem Politiker und andere schlaue Menschen, die eine Quote für deutsche Musik aus kultureller, wirtschaftlicher und rechtlicher Perspektive diskutierten. Ein Ergebnis konnte es natürlich (noch) nicht geben. Das hat viele Gründe, unter anderem den, dass Kultur und damit Musik in Deutschland gemäß Verfassung Sache der Länder ist. Der Bund hat also in dieser Angelegenheit streng genommen gar nichts zu melden. Formaljuristisch mag das stimmen, aus patriotischer Sicht allerdings besteht in diesem Fall die Pflicht, zusammenzustehen oder besser noch: zusammen zu singen.

Jetzt geht es nur noch darum, sich auf einen Song, sorry: ein Lied zu verständigen, mit dem sich alle anfreunden können. Schließlich müssen Schlagersänger, Deutschrocker, Liedermacher usw. gemeinsam den richtigen Ton treffen. Und da es gilt, den Bogen zur Politik zu schlagen, kommt eigentlich nur ein Hit infrage, der noch nie in den Charts war: das Deutschlandlied. Aber bitte nur die dritte Strophe singen, also die Nationalhymne, denn alles andere könnte vor allem im Ausland missverstanden werden ...

Weil wahrscheinlich nicht alle den Text kennen, bieten wir vom fern.schreiber an dieser Stelle einen besonderen Service zum Mitschreiben und Einsingen:

Einigkeit und Recht und Freiheit

Für das deutsche Vaterland!
Danach lasst uns alle streben
Brüderlich mit Herz und Hand!
Einigkeit und Recht und Freiheit
Sind des Glückes Unterpfand -
Blüh im Glanze dieses Glückes,
Blühe, deutsches Vaterland.