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Management international

Marcus Bösch26. Juli 2002

Nach 132 Jahren sitzt mit Josef Ackermann erstmals ein Ausländer im Chefsessel der Deutschen Bank. Auch RWE setzt auf einen Ausländer: den Niederländer Harry Roels. Ist die deutsche Monokultur in den Chefetagen zuende?

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Trotz prominenter Fälle von Managerimport nach Deutschland scheinen einschlägige Sprach- und Kulturkenntnisse für ein funktionierendes Unternehmen immernoch unabdingbar zu sein: Neun Vorstände aus sechs Ländern verkomplizierten den Arbeitsalltag beim deutschen Sportartikelhersteller Adidas am Ende der neunziger Jahre so sehr, dass eine umfassende "Homogenisierung" nötig wurde. Das Gremium ist inzwischen auf sechs Mitglieder aus vier Ländern geschrumpft.

Nationale Dominanz

"Die Masse der Manager wird ganz klar aus dem eigenen nationalen Angebot rekrutiert", stellt Prof. Dr. Michael Hartmann im Gespräch mit DW-WORLD fest. Der Soziologieprofessor der Uni Darmstadt setzt sich Jahren mit der Wirtschaftselite und der Personalpolitik bei internationalen Spitzenmanagern auseinander.

Laut Hartmann steht auf der Wunschliste der Unternehmen zuallererst der inländische Managernachwuchs: "Nationale Karrierewege sind absolut dominant." Der internationale Vergleich fördert ähnliche Ergebnisse zutage: Frankreich, Japan und die USA weisen ebenfalls eine relativ geringe Anzahl von ausländischen Managern in den Reihen der eigenen Unternehmen auf.

Nur knappe 10 Prozent

Den Hype um die beiden neuen Vorstandsspitzen in Deutschland findet der Professor schlicht übertrieben. "Wenn es wieder soweit ist, wird das von der Presse spektakulär verkauft", sagt er. Beim genaueren Hinsehen wird jedoch schnell klar, dass es sich hier weder um einen besonders neuen noch um einen besonders weitreichenden Trend handelt.

In den Vorständen der 30 DAX-Unternehmen gibt es trotz Globalisierung und weltweiten Märkten nur knapp 10 Prozent Ausländer. "Wenn man die `Alpenfraktion` abzieht sind es maximal noch 7 Prozent", schätzt Hartmann. Österreicher und Schweizer werden bei der Auswahl ausländischer Manager bevorzugt. Israelis wie Uriel J. Sharef bei Siemens und der Ire John P. Phelan bei der Münchner Rück sind da eher die Ausnahme.

Großartige Globalisierung?

Die Forschungsergebnisse Hartmanns spiegeln weder eine großartig globalisierte Personalpolitik noch eine umfassend internationalisierte Managerwelt wieder. Das Fazit des Professors lautet: "Mit der Ernennung von Ackermann und Roels ist nur der Stand der 90er-Jahre wieder hergestellt. Damals gab es an der Spitze der deutschen Firmen mit Guiseppe Vita bei Schering und Ferdinand Piech bei VW zwei Ausländer. Jetzt gibt es wieder zwei."

Zäher Prozess

"Echte internationalisierte Unternehmen", gibt es laut Hartmann in kleineren Ländern wie der Schweiz. Und das auch nur aufgrund des begrenzten inländischen Angebots an Führungskräften. Langfristig wird ein einheitlicher europäischer Wirtschaftsraum daran gewiss einiges ändern. Bis dahin prognostiziert Hartmann jedoch noch einen zähen Prozess, denn "im Moment zeigen sich überall ganz klare nationale Traditionen."