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Mangelnde Rechtfertigung

Peter Philipp28. Februar 2003

Saddam Hussein hat bei der Zerstörung der Al Samoud-Raketen eingelenkt, nachdem er zuvor noch bestritten hatte, über entsprechende Waffen zu verfügen. Die USA nahmen den jüngsten Schachzug Saddams mit Verärgerung auf.

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US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld schien dies gar nicht ins Konzept zu passen: Mit den Irakern sei es immer dasselbe, schimpfte der ebenso beredte wie scharfzüngige Minister. Dabei hätte Rumsfeld doch eigentlich zufrieden sein müssen. Der Irak hatte - in letzter Minute - die Aufforderung von UN-Waffeninspekteur Hans Blix angenommen, seine "Al Samoud" Raketen zu zerstören. Wenigstens "prinzipiell" hatte Bagdad diese Forderung akzeptiert - was immer dies heißen mag. Aber gleichzeitig sind offenbar bereits Gespräche zwischen den Irakern und Mitarbeitern von Blix über die Raketenzerstörung im Gange.

Donald Rumsfelds Verärgerung ist wohl in erster Linie darauf zurückzuführen, dass man nun einen Vorwand weniger hat, den Irak anzugreifen. Hätte dieser sich geweigert, der Aufforderung von Blix nachzukommen und wäre die Frist 1. März verstrichen, dann hätte Washington - allen voran Rumsfeld und Bush - natürlich von einem schweren Verstoß gegen das Abrüstungsgebot der Vereinten Nationen sprechen und mit mehr Nachdruck die Unterstützung des Sicherheitsrates für den Krieg fordern können.

Obwohl auch dies fragwürdig gewesen wäre: Die Vereinten Nationen hatten dem Irak nämlich durchaus die Unterhaltung von Raketen mit einer Reichweite von bis zu 150 Kilometern zugestanden. Wenn die "Al Samoud" nun - durch ein verbessertes Triebwerk - 180 Kilometer Reichweite haben, dann ist das zweifellos ein Verstoß gegen diese Vorschrift, es ändert aber kaum etwas am Gefährdungspotential des Irak. Sollten solche Raketen an der kuwaitischen Grenze aufgestellt werden, dann könnten sie auch mit der zugelassenen Reichweite das gesamte Staatsgebiet treffen. Ebenso liegt der kurdische Nordirak in Reichweite der "legalen" Raketen. Die illegalen 180 Kilometer reichen andererseits weder dazu aus, Amman, Teheran, Tel-Aviv oder amerikanische Basen in der Türkei zu treffen.

So ist das ganze eher ein Sturm im Wasserglas und eine entgangene Chance, den Irak doch noch darauf festzunageln, klar und eindeutig gegen internationale Auflagen und Sanktionen verstoßen zu haben. Und es ist ein merkwürdiger Vorwurf, dass Bagdad immer erst reagiere, wenn es ausreichend unter Druck gesetzt wird. Dazu ist das Drohszenario gegenüber Bagdad ja doch eigentlich gedacht gewesen: Um Saddam Hussein zum Einlenken und zur Kooperation mit der UNO und ihren Inspektoren zu zwingen.

Längst aber ist in Washington zu Tage getreten, dass es darum ja eigentlich gar nicht mehr geht: Man will Saddam loswerden, braucht dafür aber eine präsentable Rechtfertigung. Mit dem Einlenken Saddams in der Raketenfrage hat Washington solch eine Rechtfertigung verloren. Grund genug, sich - wie Rumsfeld - zu ärgern? Für viele andere mag es ein Grund zur Freude sein.