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Mangelware Fisch

Johannes Beck11. Juli 2003

Europäischen Fischern gehen immer weniger Fische ins Netz. Schuld daran ist eine viel zu große Fangflotte, die die Meere gnadenlos überfischt hat. Die EU will den exzessiven Fang beschränken - bislang mit wenig Erfolg.

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Bleiben die Netze bald ganz leer?Bild: AP

Tag für Tag "mähen" die Grundschleppnetze der europäischen Fangflotten tausende Quadratmeter Meeresboden auf der Suche nach Fisch ab. Etwa sechs Millionen Tonnen Fisch werden jedes Jahr in der Europäischen Union gefangen. Einen Teil davon werfen die Fischer aber wieder tot oder sterbend über Bord.

Unter diesem so genannten Beifang sind viele Fischarten, die nicht verkauft werden können, aber auch Schildkröten, Delphine oder Wale. Auf ein Kilogramm marktfähige Seezunge kämen beispielsweise zwei bis fünf Kilogramm Beifang, sagt Heike Vesper, Fischereiexpertin des World Wildlife Fund (WWF). Auch Jungfische würden häufig wieder einfach über Bord gekippt. "Darunter ist auch Kabeljau, den man eigentlich braucht, um die sehr geschrumpften Bestände wieder aufzubauen", so Vesper.

Gerade der Kabeljau hätte aber eine Atempause nötig. Er gehört zu den am stärksten überfischten Arten. Wird weiter so intensiv gefischt wie in der Vergangenheit, könnten seine Bestände komplett zusammenbrechen. Ausrottung droht aber nicht nur dem Kabeljau: Insgesamt gelten im Nordostatlantik und in der Ostsee etwa zwei Drittel aller kommerziell genutzten Fischarten als überfischt. Für Heike Vesper ist das ein klares Zeichen dafür, dass weniger gefischt werden muss. Die Grundursache des Übels seien die viel zu großen Flotten mit Überkapazitäten von bis zu 40 Prozent.

EU-Politik widersprüchlich

Dabei ist seit Jahrzehnten bekannt, dass die europäischen Flotten viel zu groß sind, um Nordostatlantik, Ostsee und Mittelmeer nachhaltig befischen zu können. Auch die EU-Kommission - sie ist für den Fischfang in den fünfzehn Mitgliedsstaaten zuständig - hat dies erkannt. Doch mehrere Programme zur Reduzierung der Flotten liefen buchstäblich auf Grund. Denn mit der einen Hand zahlte die EU Geld, um Schiffe abzuwracken, mit der anderen Hand subventionierte sie den Bau neuer Boote und die Aufrüstung alter Schiffe. Gleichzeitig wachen die einzelnen Mitgliedsstaaten argwöhnisch darüber, dass jeweils ihre Fischer möglichst wenig reduzieren müssen.

Seit Beginn dieses Jahres hat die EU nun eine neue gemeinsame Fischereipolitik. Sie soll die Meere in Zukunft besser schützen. "Einer der wenigen Erfolge, die dort errungen wurden, ist, dass die Subventionen für den Neubau und die Modernisierung tatsächlich ab 2005 beendet sein sollen - zumindest erst einmal für die nächsten zwei Jahre", sagt Vesper. Der "Wahnsinn" der vergangenen 20 Jahre, gleichzeitig Abbau und Aufbau zu finanzieren, solle damit ein Ende finden.

Mitgliedstaaten müssen überzeugt werden

Aber weiterhin bleibt die EU-Fischfangflotte viel zu groß. Damit bedrohen die Fischer und ihre Netze auch Meeresschutzgebiete, wie sie die Umweltminister der Nordostatlantik- und Ostseestaaten auf ihrer Tagung Ende Juni in Bremen beschlossen haben. Nach Ansicht von Margot Wallström, die für Umwelt zuständige EU-Kommissarin, muss weiter Überzeugungsarbeit geleistet werden. "Wir sind schon weit vorangekommen, um die Umwelt in unsere gemeinsame EU-Fischereipolitik zu integrieren. Aber nun müssen wir auch die Mitgliedsstaaten davon überzeugen, dass es ohne Fisch keine Fischfangindustrie mehr geben wird."