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Knolle gegen Klimawandel

Vanessa Herrmann21. Mai 2012

Dürre, nährstoffarme Böden und unregelmäßige Regenzeiten - damit kämpfen Afrikas Bauern. Doch während viele Nutzpflanzen dabei eingehen, scheint die Wunderknolle Maniok allen Klimabedingungen zu trotzen.

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Maniokwurzel. (Foto: "picture-alliance/Arco Images")
Maniokwurzel.Bild: picture-alliance/Arco Images

Es sind eher unscheinbare Wurzelknollen, außen hölzern und dunkelbraun, innen hell bis rötlich. Manche Sorten schmecken süßlich, andere bitter. Maniok, auch Kassava genannt, wird weltweit angebaut, in Lateinamerika, in Asien und Afrika. Absolute Spitzenreiter sind Nigerias Bauern. Alaji Abubakar Sadiq Takingari ist einer von ihnen: “Maniok ist ein Produkt, das Hitze und Trockenheit aushält, und wenig oder keinen Dünger braucht, um zu wachsen.“ Darüber hinaus bereichere Maniok die Böden mit Nährstoffen: “Wir konnten die ehemaligen Maniokfelder dazu nutzen, Hirse und Mais anzupflanzen. In dieser Saison brauchten wir keinen zusätzlichen Dünger. Die liegengebliebenen Maniokwurzeln und Maniokblätter auf dem Boden waren reichhaltig genug”, berichtet Takingari.

'Rambo-Wurzel'

Auch Klimaforscher sind auf die Knolle aufmerksam geworden. Wissenschaftler des Internationalen Zentrums für tropische Landwirtschaft in Kolumbien testeten, wie Maniok auf Klimaveränderungen reagiert. Denn bis zum Jahr 2030 soll es in Subsahara-Afrika bis zu zwei Grad Celsius wärmer werden. "Wir haben herausgefunden, dass sich Maniok weiterhin als widerstandsfähig erweist und mit fast allen klimatischen Bedingungen klar kommt. Daher nennen wir es die Rambo-Wurzel", sagt der Klimaforscher Andy Jarvis. 

Afrikanische Frau verkauft Mehl auf dem Markt. (Copyright: ©Dagmar Wittek) Aufnahmeort/Datum: Kitshanga, Nord-Kivu 2011-10
Kongolesische Frauen verkaufen aus Maniok gemahlenes MehlBild: Dagmar Wittek

Die Wissenschaftler testeten auch, wie andere Grundnahrungsmittel mit Klimaveränderungen zurechtkommen. Im Vergleich zu Mais, Kartoffeln, Bohnen, Bananen und Hirse schnitt Maniok in allen Tests am Besten ab. "Der große Vorteil von Maniok ist, dass er auch bei langen Dürreperioden nicht eingeht", sagt Jarvis über die robuste Wurzel. "Er fährt seine Aktivität einfach so lange herunter, bis der nächste Regen kommt.“ Das die Pflanze so klimaresistent ist, könnte an ihrem Ursprung liegen. Sie stammt aus sehr trockenen und heißen Regionen Südamerikas und wurde im 16. Jahrhundert von den Portugiesen nach Afrika gebracht. Weltweit essen heute mehr als 500 Millionen Menschen jeden Tag Maniok. Auf dem afrikanischen Kontinent ist er nach Mais der wichtigste Energielieferant.

Größeres Potential vermutet

Doch auch die Wunderknolle birgt Gefahren. Sie kann giftige Stoffe wie Blausäure freisetzen und muss deshalb sorgfältig zubereitet und gut gekocht werden. Sich nur von Maniok zu ernähren ist ebenfalls ungesund. Er ist zwar ein guter Energielieferant mit vielen Kalorien, doch wichtige Vitamine fehlen. Außerdem ist die Pflanze anfällig für Schädlinge und Krankheiten.

Afrikanischer Bauer erntet Maniok. (Foto: DW)
Maniokernte in GhanaBild: DW

Die Wissenschaftler hoffen, durch ihre Entdeckungen die Maniok-Forschung weiter anzukurbeln. Denn während andere Grundnahrungsmittel wie Mais, Reis und Weizen bereits relativ gut erforscht wurden, könne man Maniok durch Kreuzungen noch weiter entwickeln. "Außerdem gibt es den Versuch, die Nährwerte von Maniok zu steigern, so dass er eine noch bessere Ernährungsgrundlage bieten kann", erklärt der Klimaforscher Andy Jarvis.

Nigeria will Maniokkonsum fördern

Doch dazu müssten sich auch die Anbau-  und Essgewohnheiten der Afrikaner ändern. In Nigeria wird die Wurzel hauptsächlich zum Eigenbedarf angepflanzt und spielt gesamtwirtschaftlich keine nennenswerte Rolle. Das will die nigerianische Regierung ändern und die Wurzel markttauglich machen. Keine leichte Aufgabe, denn viele nigerianische Bauern, die Maniok im großen Stil angebaut haben, blieben am Ende darauf sitzen. "Er wurde nicht gekauft und es gab keinen Markt dafür. Deshalb mussten viele Bauern die Produktion aufgeben", beklagt sich Alaji Takingari.

Landschaft im südlichen Afrika. (Foto: Dr. Norbert Jürgens)
Klimawandel: Der Kontinent leidet unter zunehmenden DürrenBild: Norbert Jürgens

Die Regierung in Abuja will nun Brotproduzenten, die mindestens 40 Prozent Maniokmehl benutzen, mit Steuersenkungen belohnen. Damit will sie auch unabhängiger von teuren Weizen- und Reisimporten aus dem Ausland werden. Der Versuch ist nicht neu: Vor fast zehn Jahren ermutigte der damalige Präsident Obasanjo die nigerianischen Bäcker, Brot mit mindestens zehn Prozent Maniokmehl zu backen. Doch durch das Maniokmehl war das Brot nicht mehr so weich - und wurde nicht gekauft. Die heutige Regierung wirbt trotzdem weiter. Präsident Goodluck Jonathan versprach, dass er, solange er im Amt ist, nur noch Maniokbrot essen wird.