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Manuel Noriega an Frankreich ausgeliefert

27. April 2010

Nach 20 Jahren Haft in den USA ist Panamas ehemaliger Machthaber Manuel Noriega nach Paris gebracht worden. Die französische Justiz will ihm dort den Prozess wegen Geldwäsche machen.

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Manuel Noriega (Archivfoto: dpa)
Herrschte in Panama von 1983 - '89: Manuel Antonio NoriegaBild: picture-alliance/ dpa

Eine Air-France-Maschine mit dem Ex-Diktator an Bord landete am Dienstagmorgen (27.04.2010) auf dem Pariser Flughafen Charles de Gaulle. Wenig später wurde Noriega einem Haftrichter vorgeführt.

Erst kurz vor dem Abflug hatte die US-Regierung bekannt gegeben, dass Außenministerin Hillary Clinton die Anordnung zur Auslieferung unterzeichnet habe. Noriega hatte sich seit 2007 erbittert dagegen gewehrt - er wollte nach Verbüßung seiner Strafe nach Panama zurückkehren. In Frankreich wird er wohl wieder ins Gefängnis kommen, denn ein französisches Gericht hatte ihn 1999 in Abwesenheit zu zehn Jahren Haft verurteilt.

Die USA hatten den Diktator wegen seiner Verwicklungen ins Drogengeschäft verurteilt, erläutert der Lateinamerikaexperte Karl-Dieter Hoffmann von der katholischen Universität Eichstätt: "Aus diesen Geschäften hat er enorme Summen bezogen." Die hat er dann zum Teil in Frankreich investiert und gewaschen, hat sich eine Villa gekauft, andere Geschäfte gemacht. Was in Frankreich zu einer Anklage wegen Geldwäsche führte.

Nach der Auslieferung soll es nun aber einen neuen Prozess geben. Konkret wird Noriega vorgeworfen, in den 1980er Jahren rund 3,15 Millionen Dollar (2,3 Millionen Euro) aus Drogengeschäften auf Konten französischer Banken gewaschen zu haben.

Ein Geheimabkommen?

Noriega wird von Männern in ein Auto geführt (Foto: AP)
Ankunft in Paris: TV-Bilder zeigen einen "gebrechlich wirkenden Mann mit Hut"Bild: AP

Medien berichten, die Auslieferung sei das Ergebnis eines geheimen Abkommens zwischen den USA, Frankreich und Panama. Die Länder hätten unbedingt verhindern wollen, dass Noriega in seine Heimat zurückkehrt.

1989 hatte der damalige US-Präsident George Bush Senior die Invasion Panamas angeordnet, um den Diktator gefangen zu nehmen. Noriega hatte sich 1983 an die Macht geputscht und in der Folge mit Unterstützung aus den USA mit harter Hand regiert. "Die USA haben lange Zeit die Machenschaften von Noriega gedeckt, etwa seine Verstrickung in den Drogen- sowie in den Waffenhandel", sagt der Eichstätter Politikwissenschaftler Karl-Dieter Hoffmann. Noriega habe damals für Washington eine wichtige Rolle in Zentralamerika gespielt "weil er die USA bei der Eindämmung der Sandinisten in Nicaragua unterstützt hat."

Die Invasion in Panama 1989 mit dem Ziel, Noriega zu verhaften, war die letzte militärische Intervention der USA in Lateinamerika. Es war damals die größte Luftlandeoperation der USA nach dem Zweiten Weltkrieg. Verteidigungsminister Dick Cheney räumte später ein, es habe bis zu 600 Opfer gegeben. Menschenrechtsgruppen schätzen die Zahl der Toten jedoch auf bis zu 5000 und die der Obdachlosen durch die Zerstörung der Außenbezirke von Panama Stadt auf 40.000.

In den Vereinigten Staaten hatte Noriega eine langjährige Haftstrafe wegen Drogendelikten verbüßt und blieb danach wegen des juristischen Streits um seine Auslieferung in US-Gewahrsam. Er war 1992 zu 40 Jahren Haft verurteilt worden, die wegen guter Führung schließlich auf 17 Jahre reduziert wurden. Ende März war er mit einem Einspruch gegen seine Auslieferung vor dem Obersten Gericht der USA gescheitert.

Ein Kriegsgefangener?

Noriega im Jahr 1989 (Foto: AP)
Wenige Monate vor seiner Festnahme: Noriega 1989Bild: AP

Yves Leberquier, Noriegas französischer Anwalt, kritisierte die Auslieferung. Dabei berief er sich auf Verjährungsfristen. Zudem genieße Noriega als ehemaliger Staatschef Immunität und habe den Status eines "Kriegsgefangenen", meinte Leberquier. Deswegen dürfe er nicht in ein normales französisches Gefängnis kommen.

Noriega selbst, der nach unterschiedlichen Angaben zwischen 1934 und 1940 geboren wurde, kämpfte für seine Heimkehr nach Panama. Und dass, obwohl er dort 1993 wegen Morden an politischen Gegnern und wegen Korruption zu 60 Jahren Haft verurteilt worden war. Doch nach den dortigen Gesetzen hätte er aus Altersgründen wohl den Großteil seiner Strafe in Form von Hausarrest verbüßen können.

Washingtons zweifelhafte Verbündete

Auch nach dem Aufstieg und Fall von Manuel Noriega setzen die USA weiterhin auf "zweifelhafte Verbündete", stellt Karl Dieter Hoffmann fest. "Der wichtigste in Südamerika ist der kolumbianische Präsident Alvaro Uribe. Es gibt deutliche Hinweise, dass auch diese Regierung Menschenrechtsverletzungen duldet." Dennoch hielten die USA an Uribe und anderen zweifelhaften Machthabern fest. "Diesen Fehler haben die USA als Supermacht immer schon gemacht", sagt Hoffmann. Und das werde "auch noch einige Zeit so weitergehen".

Warnung an andere Despoten

Von der Auslieferung Noriegas an Frankreich geht Hoffmann zufolge ein wichtiges Signal aus. "Es gibt noch in anderen Fällen internationale Haftbefehle gegen ehemalige Diktatoren, wie zum Beispiel gegen den ehemaligen Machthaber von Guatemala, Efraín Ríos Montt." Unter seiner Diktatur zwischen 1982 und 1983 kamen in Guatemala bei zahlreichen Massakern an der Zivilbevölkerung mindestens 10.000 Menschen ums Leben. Gegen den Widerstand des US-Kongresses ließ die Reagan-Regierung ihm damals militärische Hilfslieferungen zukommen.

Autoren: Mirjam Gehrke (dpa, afp, apn, rtr)

Redaktion: Susanne Eickenfonder