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Mario Monti beklagt die deutsche Krisenpolitik

31. Mai 2012

Italiens Ministerpräsident fordert von Berlin eine Umkehr in der Schuldenkrise: Deutschland untergrabe seinen Exportschlager "Haushaltsdisziplin", wenn die Ansteckungsgefahr nicht stärker bekämpft werde, warnte Monti.

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Der italienische Regierungschef Mario Monti spricht auf einer Konferenz in Florenz (Archivfoto: rtr)
Bild: Reuters

Der italienische Regierungschef Mario Monti hat mehr öffentliche Investitionen sowie eine direkte Bankenhilfe aus den Euro-Rettungsfonds gefordert und Deutschland zum Einlenken aufgerufen. Berlin solle "gründlich aber schnell" über die Aspekte nachdenken, die zur Eindämmung der Ansteckungsgefahr in der Eurozone diskutiert würden, sagte Monti auf einer Brüsseler Konferenz.

Geprüft werde derzeit eine direkte Hilfe für Banken und keine indirekte über Staaten. Das und andere Überlegungen hätten "besondere Bedeutung erhalten", sagte Monti. Er warnte die Bundesregierung, wenn nichts zur Senkung der hohen Zinsen etwa in seinem Land getan werde, könne der Spar- und Reformeifer erlahmen. Italien muss wie Spanien seit Monaten Rekordzinsen zahlen.

Die EU-Kommission hatte eine direkte Bankenhilfe aus dem künftigen Rettungsfonds ESM ins Spiel gebracht. Nach derzeitiger Rechtslage können aber nur Regierungen Geld aus dem Rettungsfonds beantragen, wenn sie strauchelnde Banken stützen müssen, und solche Kredite sind an strenge Sparauflagen für die Staaten geknüpft. Auf mildere Auflagen und eine direkte Unterstützung seiner pleitebedrohten Institute hofft auch Spanien. Berlin lehnt das aber strikt ab.

Barroso: Bankenunion und Direkthilfen aus ESM

Die deutsche Position lautet "Nein"

Monti attackierte bei der Konferenz, an der er wegen der Erdbeben in Italien per Videoschaltung aus Rom teilnahm, die Haltung von Bundeskanzlerin Angela Merkel: "Deutschland sollte wirklich gründlich darüber nachdenken, dass sein eigener Exportschlager - die Kultur der Stabilität - untergraben zu werden droht, weil die notwendigen Instrumente gegen eine Ansteckung nicht schnell genug geschaffen werden".
Er forderte zudem öffentliche Investitionen, um die Rezession in der Euro-Zone zu bekämpfen. Monti erinnerte Deutschland an seine ursprüngliche Schuldenregel im Grundgesetz, wonach die Verschuldung nicht höher als die öffentlichen Investitionen sein dürfe. Es sei großes Pech, dass die EU bei der Verhandlung des Stabilitäts- und Wachstumspakts dies nicht beherzigt habe und öffentliche Investitionen nun zu Unrecht verpönt seien.

Finanzstaatssekretär Thomas Steffen konterte Montis Forderung postwendend. Es sei gefährlich, den "fiskalischen Spielraum" eines geringen Defizits zu nutzen und Staatsausgaben mit neuen Schulden zu finanzieren. Die Finanzmärkte bestraften dies sofort mit höheren Zinsen.

Streitfall "Bankenunion"

Doch der Druck auf die Bundesregierung steigt. Neben dem Wachstumspaket und der direkten Bankenhilfe liegen weitere Forderungen auf dem Tisch, um die gefährlichen Auswirkungen der angeschlagenen Institute auf die Schuldenkrise abzumildern. So stellte sich neben Monti auch der Chef der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, hinter den Ruf der EU-Kommission nach dem Aufbau einer Bankenunion.

Dazu müssten drei Säulen gehören, sagte Draghi vor einem EU-Parlamentsausschuss in Brüssel: Eine gemeinsame Einlagensicherung der Eurozone, wodurch die Bankguthaben von Sparern in allen Ländern staatlich garantiert würden, ein Abwicklungsmechanismus für strauchelnde Großbanken sowie eine zentrale Bankenaufsicht.

rb/gmf (dapd, dpa, rtr)