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Interview mit Markus Löning

Nadina Schwarzbeck6. Juni 2013

Menschenrechtsaktivisten aus zehn afrikanischen Staaten treffen sich in Sambia mit deutschen Botschaftsvertretern. Der Menschenrechts-Beauftragte der Bundesregierung erklärt im DW-Interview die Ziele der Konferenz.

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Markus Löning, Beauftragter der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe (Foto: Auswärtiges Amt)
Markus Löning, Beauftragter der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre HilfeBild: Auswärtiges Amt

Deutsche Welle: Warum richtet sich der Fokus der Konferenz für Menschenrechtsaktivisten auf die Länder im südlichen Afrika?

Es ist eine Regel, dass wir Konferenzen in verschiedenen Regionen der Welt organisieren. Die Idee dahinter ist, dass wir mehrere Länder aus einer Region für die Konferenz zusammenfassen. Dann treffen sich unsere Botschaften mit den Menschenrechtsverteidigern aus der Region. Wir wollen regionale Menschenrechtsprobleme gemeinsam analysieren und überlegen, wie man die Menschenrechtsarbeit vor Ort verbessern kann. Und es geht darum, dass wir uns mit der Zivilgesellschaft zusammensetzen, dass wir mit der Zivilgesellschaft reden, weil Aktivisten natürlich noch einen anderen Blick auf ihre Länder haben und somit auch unseren Horizont als Auswärtiges Amt erweitern.

In Sambia haben im Mai Anhänger des Präsidenten Anhänger der Opposition zusammengeschlagen. Auch ein Gerichtsprozess gegen zwei Männer, die homosexuell sein sollen, bringt das Land in die Schlagzeilen. Werden diese Themen auch besprochen?

Die Situation von sexuellen Minderheiten ist eines der Themen dieser Konferenz. Sie ist in den teilnehmenden Ländern unterschiedlich. Es gibt Länder, in denen einfach nicht darüber geredet wird, in denen die Rechtslage manche homosexuelle Handlungen verbietet oder unter Strafe stellt. Nicht immer wird diese Rechtslage angewendet, weil zum Beispiel ein Tabu herrscht und gesagt wird: "Lasst uns nicht drüber sprechen. Was privat zu Hause passiert, das wird toleriert." Und es gibt Länder wie Sambia. Dort wird die Lage von Homosexuellen politisch instrumentalisiert. Wir haben in den letzten Wochen und Monaten gesehen, wie das Thema plötzlich auf die Agenda gekommen ist, wie plötzlich aus der Regierung heraus zu Hass angestachelt wurde, wie Leute verhaftet wurden und es Foltervorwürfe gab. Anstatt Minderheiten zu schützen ist der Drang da, Minderheiten zu kriminalisieren, in diesem Fall eben insbesondere lesbische und schwule.

Und wie kann das Auswärtige Amt in diesem Fall eingreifen?

Ich werde Regierungsgespräche führen, dann werden wir dieses Thema ansprechen. Das ist auch Teil und Zweck dieser Konferenz: Wir setzen uns mit Aktivisten zusammen und überlegen gemeinsam Schritte, die wir von außen als Regierung tun können, um bei der Regierung hier darauf zu drängen, dass die Verfolgung eingestellt wird. Entwicklungsminister Dirk Niebel ist neulich hier gewesen und er hat das auch sehr klar geäußert. Wir haben eine ähnliche Situation in Uganda erlebt, wo wir aus Deutschland und auch als internationale Gemeinschaft sehr starke und klare Signale gesendet haben.

Welche Signale waren das?

In Uganda ist sehr klar signalisiert worden, dass wir die Entwicklungszusammenarbeit aussetzen müssten, wenn ein sogenannter "Anti-Gay-Bill" (Anm. d. Red: Gesetz gegen Homosexuelle), der einvernehmliche homosexuelle Handlungen unter Todesstrafe stellt, durch das Parlament kommt. Dieses Gesetz haben wir politisch sehr stark angegriffen und letztlich hat Dirk Niebel erklärt, dass wir mit einem Land, in dem es ein solches Gesetz gibt, nicht entwicklungspolitisch zusammenarbeiten können. (Anm. d. Red: Uganda hat das Gesetz bis heute nicht verabschiedet.)

Kommen wir noch einmal auf die Konferenz in Sambia zu sprechen: Was sind bis jetzt die wichtigsten Ergebnisse?

In der Summe hat es in den letzten Jahrzehnten schon deutliche Schritte in Richtung Demokratisierung gegeben. Aber in fast allen Ländern gab es unterschiedliche Ausprägungen. In verschiedenen Abstufungen gibt es Freiheitsprobleme, die Menschenrechtsverteidiger haben Probleme, ihrer Arbeit nachzugehen. Sie werden unter Druck gesetzt - teilweise von staatlichen, teilweise von anderen Stellen. Und es gibt einige Problemkreise, die in vielen Ländern sehr ähnlich zu sein scheinen. Das ist zum einen der Umgang mit häuslicher Gewalt, auch mit sexueller Gewalt gegen Frauen und gegen Kinder. Und zum anderen ist es der Zugang zur Justiz: Wie bekomme ich mein Recht, wie werde ich durch die Justiz geschützt? Insgesamt ist es aber ein sehr ambivalentes Bild, es gibt keinen eindeutigen Trend.

Was kann die Konferenz für die Zukunft leisten?

Es geht darum, das Netzwerk zwischen den Menschenrechtsverteidigern der Region zu unterstützen, damit es wachsen kann. Es geht darum, dass sich unsere Botschafter ein vertieftes Bild von der Menschenrechtslage in den verschiedenen Ländern verschaffen. Und es geht natürlich darum, die praktische Arbeit vor Ort zu verbessern und Menschenrechtsverteidiger in ihrer täglichen Arbeit zu unterstützen.

Markus Löning ist der Menschenrechtsbeauftragte der deutschen Bundesregierung. Er begleitet die deutsche Delegation auf der Konferenz vom 04. bis 06.06.2013 in Sambia. Neben Aktivisten aus dem Gastgeberland sind Menschenrechtler aus Angola, Mosambik, der demokratischen Republik Kongo, Südafrika und fünf weiteren Ländern dabei.