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Marlon Brando ist tot

3. Juli 2004

Er war der erste einer neuer Generation von Schauspielern und wird noch weitere Generationen prägen. Nun starb der rebellische Superstar Marlon Brando im Alter von 80 Jahren.

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Unvergesslich: "Der Pate" von 1972Bild: dpa

Wenn sein Name fiel, erstarrte Hollywood vor Ehrfurcht. "Der rätselhafte Superstar gilt als Amerikas größter Schauspieler", konnte man in jeder neuen Auflage der "Movie Encyclopedia" über Marlon Brando lesen. Am Donnerstag (2.7.04) starb der legendäre Schauspieler in einem Krankenhaus in Los Angeles, wie einer seiner Anwälte am Freitag bestätigte. Über seine Todesursache wurde nichts bekannt gegeben. Brando war zeitlebens darum bemüht, sein Privatleben für sich zu behalten.

Er war die Hollywood-Ikone schlechthin, ein Jahrhundert-Genie. Als Brando weit über 70 war, machte er sich manchmal in "Mort's Palisades Deli", nicht weit von seinem Haus in Beverly Hills entfernt, einen Scherz. "Frag mal die jungen Mädchen da hinten, ob sie wissen, wer ich bin", bat er einen Kellner. Natürlich waren sie alle in der Hoffnung gekommen, einen Blick auf den großen Alten zu erheischen, der Kinogeschichte mit unvergesslichen Rollen geschrieben hat.

Der Oscar-Held

Brando war 1951 in der Verfilmung von Tennessee Williams "Endstation Sehnsucht" der brutale Prolet Stanley Kowalski, der die sensible Schwester seiner Frau vergewaltigt und in den Wahnsinn treibt. Er war in "Faust im Nacken" 1954 der verzweifelt aufbegehrende junge Arbeiter Terry Malloy. "Wenn es in der Geschichte des amerikanischen Films eine bessere Leistung als diese gibt, so kenne ich sie nicht", sagte Regisseur Elia Kazan. Die Rolle brachte ihm seinen ersten Oscar.

Schauspieler Marlon Brando - The Wild One
Ikone für eine JugendrebellionBild: dpa

Ganz und gar Brando war er, als er seinen zweiten Oscar ausschlug. Die US-Filmkunstakademie wollte ihn 1973 für den "Paten" ehren. Rebell Brando schickte eine Schauspielerin im Indianer-Kostüm auf die Bühne, um den Oscar abzulehnen: In seinem Namen protestierte sie gegen die Unterdrückung der amerikanischen Ureinwohner. Kein anderer Film habe seinem Naturell so entsprochen wie "Der Wilde", sagte Brando einmal. 1953 spielt er den rebellischen Anführer einer Motorradgang. "Ich musste sagen 'Keiner schreibt mir vor, was ich zu tun habe'' Genau das habe ich meinem Leben immer empfunden."

Schwerer Start

Brando wuchs in der Einöde Nebraskas in einer zerrütteten Familie auf. Über seinen Vater, einen Vertreter für Agrarprodukte schrieb er: "Sein Blut bestand aus Unmengen Alkohol, Testosteron, Adrenalin und Ärger." Nicht viel besser kam in Brandos Memoiren die Mutter weg. Immerhin unterstützte die Amateurschauspielerin seinen Wunsch, ebenso wie die ältere Schwester Jocelyn nach New York ans Theater zu gehen.

Die Stil-Ikone

Mit Gelegenheitsjobs finanzierte er seine Ausbildung bei Piscator, Stanislawsky und Strasberg. Er fiel auf durch eine ganz eigenständige Art. Mit meist gedämpfter, kratziger Stimme, leicht nuschelnd spielte der gut gebaute junge Mann zurückhaltend, unterkühlt fast. Hinter der sparsamen Gestik und Mimik spürte man Zorn und Wildheit. Ein Vulkan, der grummelte, aber doch nicht ausbrach. Der Stil wirkte revolutionär, und "Brando, der Schauspieler-Gott", wie ihn die Zeitschrift "Premiere" nannte, hatte Scharen von Jüngern. James Dean gehörte zu ihnen und Paul Newman, Robert De Niro und Al Pacino.

Sein sensationeller Erfolg am Broadway in "Endstation Sehnsucht" im Jahr 1947 öffnete ihm bald in Hollywood alle Türen. Zwischen 1950 und 1955 war er der Star in acht Filmen, die Welterfolge waren. Doch in den 1960ern sank sein Stern mit einer Reihe von Flops. Für die Traumrolle des Don Corleone musste er kämpfen und artig Probeaufnahmen über sich ergehen lassen. Als der "Pate" stellte er seinen Ruf wieder her. Mit der Hauptrolle in Bernardo Bertoluccis "Der letzte Tango" legte er als sexuell hemmungsloser Witwer nach, was ihm eine weitere Oscar-Nominierung brachte.

Doch es war eine Nebenrolle, die ihn 1979 endgültig zur Legende machte. Unvergesslich spielte er in Francis Ford Coppolas Kriegsdrama "Apocalypse Now" den dämonischen Oberst Kurtz. Davor und danach übernahm Brando immer wieder anspruchslose Schnellschüsse. "Ich bin nur in Hollywood, weil ich nicht die moralische Kraft habe, auf das Geld zu verzichten", sagte er.

Der Patriarch

Sein Südseeatoll Tetiaora bei Tahiti, das er sich nach den Dreharbeiten zu "Meuterei auf der Bounty" gekauft hatte, verschlang Unsummen. Er steckte Geld in Projekte zur Förderung der Indianer und für den Schutz der Meeresumwelt. Der Unterhalt für seine vier geschiedenen Frauen und einige Geliebte, für fünf eheliche und mindestens zwei uneheliche Kinder kostete ihn Millionen.

Finanziell, vor allem aber seelisch kam Brando dem Ruin nahe, nachdem sein ältester Sohn Christian 1990 in der väterlichen Villa in einem Eifersuchtsdrama den Freund seiner schwangeren Halbschwester Cheyenne erschoss. Der Hollywood-Star stand bedingunglos zu seinen Kindern und bezahlte die teuersten Anwälte. Der Sohn bekam zehn Jahre. Cheyenne nahm sich 1995 auf Tahiti das Leben, Brando wurde nie wieder auf der Südseeinsel gesehen. (kas)