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Marokko-Urlaub im Ramadan?

16. September 2009

Am islamischen Fastenmonat kommt in den nächsten Jahren kein Urlauber vorbei, denn der Ramadan rückt wegen des islamischen Mondkalenders weiter in die Hauptsaison. Sind da Ferien zum Beispiel in Marokko noch möglich?

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Kleiner Junge betet (Foto:AP)
Gläubige Muslime dürfen während des Ramadan nicht essen und trinken...Bild: picture-alliance/dpa

Blauer Himmel, Meeresrauschen, Sonne satt. Am Strand räkeln sich glückliche Menschen in Badeshorts und knappen Bikinis, in den Cafés hat der Frühschoppen längst begonnen. Typisch Agadir. Auf den ersten Blick ist alles wie immer, doch es ist Ramadan. War da was? Ellen Vogt aus Hanau kommt schon seit über 12 Jahren hierher. Ramadan im Hochsommer sei für Urlauber kein Problem. "Man muss ja nicht unbedingt auf der Straße rauchen, oder Alkohol trinken. Viele Lokale bieten es an und dann darf man es ja", sagt Vogt. Natürlich müsse man im Ramadan Abstriche machen, aber es gefalle ihr dennoch gut. Denn schließlich komme sie ja auch wegen des schönen Strandes und des Meers, alles andere sei nicht so wichtig.

Das Werben um Touristen

Cookies Ramadan (Foto:AP)
...Für Touristen gilt das jedoch nichtBild: AP

Agadir kann es sich nicht leisten, auch nur einen einzigen deutschen Pauschaltouristen zu verlieren, erst recht nicht im Ramadan. Denn der Fastenmonat ist für Marokkos Tourismus-Branche eine echte Saure-Gurken-Zeit. Die meisten Hotels sind nicht einmal zur Hälfte ausgelastet. Vor allem weil die Marokkaner selbst während des Ramadan nicht reisen. Umso wichtiger seien die Urlauber aus Europa, sagt Hoteldirektor Mahfoud Filali, der auch Agadirs Tourismusverband vorsteht. Sein Werbeslogan: "Kommen Sie und besuchen Sie Marokko während des Ramadan. Sie werden noch zufriedener und noch begeisterter sein!" Doch dahinter setzen manche ein großes Fragezeichen. Natürlich hat man sich in Agadir auch während des Ramadan auf Tourismus eingestellt – ganz professionell und ganz anders als in vielen Ecken Marokkos, wo es fürs Rauchen in der Öffentlichkeit oder die Wasserflasche beim Laufen im Park richtig Ärger geben kann.

Ramadan in der Hauptsaison

Marokko Agadir (Foto:dpa)
Viele Cafés und Bars bleiben in Agadir während des Ramadan geschlossenBild: picture-alliance/ dpa

Aber auch an Agadir geht der Ramadan keinesfalls spurlos vorbei. Man sitzt trostlos und verloren mit seinem Bier in der Strandkneipe, viele Restaurants, Bars und angesagte Clubs wie das Papagayo sind geschlossen, und der Souk ist tagsüber wie ausgestorben. Doch wie die gesamte Reisedestination Marokko hat auch Agadir noch ein anderes Problem: Weil sich der Ramadan nach dem Mondkalender richtet, rückt der Monat der islamischen Askese in den nächsten fünf Jahren immer weiter in die Hauptsaison. Dieses Jahr ist er schon in die bayrischen Sommerferien gefallen, im nächsten Jahr könnte der Ramadan sich mit den Schulferien in Nordrhein-Westfalen decken. Das sollte aber bloß niemanden davon abhalten, während dieser Zeit nach Marokko zu kommen, betont Markus Kempen, Direktor des Robinson-Clubs von Agadir. "Ich denke schon, dass sich auch die Marokkaner bewusst sind, was ein Tourist fürs Land bringt und wie wichtig Tourismus ist. Und auch der König will, dass mehr Tourismus nach Marokko kommt." Man setze alles daran, damit es später nicht heiße, man könne nicht nach Marokko fahren.

Vorurteile gegen den Islam?

Doch genau das scheint gerade zu passieren. Mahfoud Filali vom Tourismusverband ist stinksauer, dass manche Reisebüros offenbar vom Ramadan-Urlaub in Marokko abraten. Zusammen mit der ungerechtfertigten Reisewarnung für Marokko, die das Auswärtige Amt vor einem halben Jahr vorschnell ausgegeben habe, sei dieses Signal eine Katastrophe, sagt Filali. Marokkaner seien aggressiv, man dürfe im Land nicht rauchen, es geben kein Bier - solche Vorurteile prägten sich in das Gedächtnis der Urlauber ein und hätten gravierende Auswirkungen auch auf das folgende Jahr. "Sie fragen sich: Warum sollte ich überhaupt in ein so extremistisches Land fahren?" Und dann komme der Tourist eben nicht mehr nach Marokko, sondern gehe stattdessen nach Italien, Spanien oder sonst wohin, empört sich Filali. Ob mit Absicht oder ohne - Tatsache sei, dass viele Informationen über Marokko und den Ramadan einfach falsch seien. Barbara Wolfsteiner vom Reiseveranstalter TUI fühlt sich da nicht angesprochen. Als ehrlicher Reiseveranstalter sehe sie es als ihre Pflicht an, den Kunden über Urlaub im Ramadan aufzuklären. "Manch einer sieht da vielleicht ein größeres Problem drin, was es zwar nicht ist, aber man weiß ja nie, wie Gäste so denken."

Marrakesch, Marokko(Foto:Bildagentur Huber)
Urlaubsidylle Marrakesch - Auch während des Ramadan kann man in Marokko seinen Urlaub genießenBild: PA/Bildagentur Huber

Verständnis für die andere Kultur

Die Nerven der Tourismus-Branche liegen blank, aber Robinson-Clubchef Markus Kempen sieht die Sache entspannter. Er selbst hat aus Rücksicht auf sein Personal die Essens-Zeiten während des Ramadan etwas verändert, damit sie beten und das Fasten brechen können. Dafür bekommt er die Leistung, die er verlangt. Und niemand erwarte von den Urlaubern, dass sie fasten. "Es ist eher der tägliche Respekt der wichtig ist, als eine große Kommunikationskampagne, nicht nach Marokko in den Urlaub zu fahren während des Ramadan", sagt Kempen. Man könne ohne weiteres auch während des Ramadan einen guten Urlaub in Marokko verbringen.

Ob er das will oder nicht, muss natürlich jeder Urlauber selbst entscheiden. Genau wie die Frage: Pauschaltourismus ja oder nein. Aber das beste Argument für Agadir, ob nun im Ramadan oder im Rest des Jahres, ist wahrscheinlich das Rauschen des Meeres. Denn der Atlantik, der hier in endlosen sanften Wellen an den kilometerlangen Strand rauscht, der schert sich nicht um die Fastenzeit.

Autor: Alexander Göbel

Redaktion: Michaela Paul