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Masoichsmus bürokratikus?

Bernd Riegert, Brüssel10. Mai 2006

Man könnte fast meinen, sie kann es nicht lassen, die EU. Es gefällt ihr offenbar, sich mit seltsamen Gesetzesentwürfen lächerlich zu machen.

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Nach dem Theater um die "Sonnenschein-Richtlinie", die die Bestrahlung von Bauarbeitern und Biergarten-Kellnerinnen regeln wollte, präsentierte die EU-Kommission nun ihre "Sonnenkrem-Richtlinie". Darin soll europaweit einheitlich die Beschriftung von Sonnenschutz-Mitteln auf Tuben, Flaschen und Döschen vorgeschrieben werden. Denn bislang ist der Sonnenschutzfaktor 20 in Belgien etwas anderes als der Sonnenschutzfaktor 20 in Estland. Zwar sind Belgier und Esten seit Jahren an ihre Creme-Systeme gewöhnt, doch das möchte die EU ab 2007 gerne ändern. Dann sollen auch Spanier finnische Antibräunungsmittel ohne Probleme anwenden können und umgekehrt.

Die Anzahl der Cremes und der Unterschied zwischen UVA und UVB-Strahlen sollen in allen erdenklichen Sprachen auf die Tuben oder hilfsweise auf einen zwölfseitigen Beipackzettel gedruckt werden. Die Bezeichnung "Sunblocker" soll völlig verboten werden, weil, so die spitzfindige Begründung der Brüssler Bürokraten, das Wort vorgaukele, man würde käseweiß bleiben. So ist es aber nicht. Feldstudien der EU müssen wohl ergeben haben, dass Belgier, Esten, Spanier oder Finnen, die sich mit Sunblocker eingeschmiert haben, nach mehrtägiger Besonnung trotzdem Streifen an der Bikini-Zone hatten.

Mit diesem Unfug haben sich wieder dutzende EU-Beamte beschäftigt.

Die Öffentlichkeit ist sogar aufgerufen, per Internet ihre Kommentare zu der Richtlinie abzugeben. Demnächst droht wohl noch eine Sonnenscheindauer-Richtlinie, die dem Himmelskörper vorschreibt, in welchem EU-Land er wie lange zu scheinen hat. Wenn schon, dann bitte mehr Sonne nach Belgien!

Das absurde Schmier(en)theater hat die EU-Kommission ausgerechnet kurz vor dem 9. Mai, dem Europafeiertag, aufgeführt, wo doch eigentlich angestrengt über die EU-Verfassung, die Erweiterung und die Zukunft nachgedacht werden sollte. Mehr Europa, weniger Bürokratie!, forderte der EU-Kommissionspräsident einen Tag später. Dieses Plädoyer ist leider in Sonnenmilch ersäuft worden. Übrigens, dass die EU demnächst für die Einreise vom Schengenraum in die Bikini-Zone ein Visum verlangen will, ist Gott sei Dank nur ein Gerücht.