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Protest und Gewalt

21. Februar 2008

Hunderttausende haben in Serbien gegen ein unabhängiges Kosovo demonstriert. Randalierer griffen mehrere Botschaften an und legten Feuer in der US-Vertretung. Das Kosovo wird unterdessen von weiteren Staaten anerkannt.

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Brennende US-Botschaft in Belgrad(Quelle: dpa)
Das Feuer in der US-Botschaft in Belgrad wurde schnell gelöschtBild: AP

Vier Tage nach der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo haben am Donnerstag (21.02.2008) in Belgrad mehr als 150.000 Menschen gegen den neuen Staat demonstriert. Am Rande der Kundgebung kam es zu schweren Ausschreitungen.

Für die Demonstration in der serbischen Hauptstadt war die Parole "Kosovo ist Serbien" ausgegeben worden. Ursprünglich war mit einer Million Teilnehmer gerechnet worden. Der Protestaufmarsch war von den drei größten Parteien, der Regierung und dem Parlament organisiert worden. Der serbische Präsident Boris Tadic sagte in Bukarest, sein Land werde das Kosovo als Staat niemals anerkennen.

Schwere Ausschreitungen

Die von den serbischen Behörden organisierte Kundgebung fand in der Innenstadt vor dem alten jugoslawischen Parlament statt. Präsident Tadic hatte die Bürger aufgerufen, friedlich zu bleiben.

Allerdings kam es Rande der Kundgebung zu schweren Ausschreitungen. Mehrere tausend Randalierer steckten die US-Botschaft in Brand und demolierten die kroatische Vertretung. Auch die deutsche Botschaft wurde angegriffen. Fensterscheiben gingen zu Bruch, berichteten Augenzeugen. Beamte der Bundespolizei, die das Gebäude bewachen, mussten evakuiert werden.

Die meist jugendlichen Gewalttäter raubten zwei ausländische Bankfilialen aus und plünderten ein Kaufhaus. Ein amerikanisches Hamburgerrestaurant wurde verwüstet und wenigstens zwei Dutzend Autos, eine Straßenbahn und Linienbusse gingen in Flammen auf. Der öffentliche Nahverkehr wurde eingestellt. Spezialverbände der serbischen Polizei tauchten erst mit Verzögerung auf und drängten die Gewalttäter mit gepanzerten Fahrzeugen und massivem Einsatz von Tränengas in die Seitenstraßen ab.

Mit Bussen und Bahnen nach Belgrad gebracht

Serben demonstrieren in Belgrad
Sie wollen das Kosovo zurück: Serbische Protestanten in BelgradBild: picture-alliance/ dpa

Die Teilnehmer an dem Protest waren mit kostenlosen Bussen und Sonderzügen aus der Provinz nach Belgrad gebracht worden. Dem Ausland müsse gezeigt werden, dass Serben auch friedlich ihre Wut ausdrücken können, sagte einer der Organisatoren. Bei seinem Besuch in der rumänischen Hauptstadt sagte Tadic, trotz des Protestes gegen die Unabhängigkeit des Kosovo sehe er die Zukunft seines Landes in der Europäischen Union.

Auch in mehreren Städten der bosnischen Serbenrepublik demonstrierten Tausende gegen die Unabhängigkeit der einstigen südserbischen Provinz. Hunderte serbischer Kriegsveteranen blockierten eine Zeit lang den Grenzübergang Merdare zwischen Serbien und dem Kosovo.

Jung: Die Lage ist im Griff

Verteidigungsminister Franz Josef Jung sprach sich bei seinem Besuch im Kosovo für einen langen Verbleib der NATO-Truppe KFOR aus. Die KFOR-Präsenz sei auch in Zukunft sehr wichtig, um Stabilität und Sicherheit zu gewährleisten, sagte er nach einem Treffen mit dem kosovarischen Präsidenten Fatmir Sejdiu. Ernste Sicherheitsprobleme sieht der Minister in der ehemals serbischen Provinz nicht. "Insbesondere durch die Unterstützung der KFOR hat man die Lage im Griff." Anschließend beriet Jung im slowenischen Brdo mit seinen EU-Kollegen über die Lage auf dem Balkan.

Die Anerkennung des Kosovo geht weiter

Der Leiter des deutschen Verbindungsbüros in Pristina, Karl-Albrecht Wokalek, übergab am Donnerstag dem kosovarischen Präsidenten ein Schreiben zur Anerkennung des Kosovo von Bundespräsident Horst Köhler. Mit dem Zugang des gefaxten Schreibens ist die diplomatische Anerkennung des Kosovo durch Deutschland wirksam, wie ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin mitteilte. Das Originalschreiben für die Anerkennung wird per Flugzeug zur deutschen Vertretung nach Pristina und dann zum Präsidenten gebracht. Auch Italien, Luxemburg, Estland und Dänemark erkannten die Unabhängigkeit des Kosovo am Donnerstag an. (kap)

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