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Massenproteste und Krawalle in Frankreich

17. März 2006

In Frankreich ist es nach landesweiten Schüler- und Studentenprotesten gegen eine Arbeitsmarktreform zu schweren Ausschreitungen gekommen. Der Druck auf Premierminister de Villepin wird auch durch die Opposition größer.

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Ein Demonstrant wird von der Polizei verhaftetBild: picture-alliance/ dpa/dpaweb

Bei den Krawallen sind am Donnerstag (16.3.2006) in Frankreich etwa 300 Menschen festgenommen worden. Dies teilte Innenminister Nicolas Sarkozy in der Nacht zum Freitag in Paris mit. Sarkozy machte für die Ausschreitungen in Paris unter anderem Links-und Rechtsextremisten sowie Rowdys verantwortlich. Er hoffe, dass die Festgenommenen hart bestraft würden. In Paris warfen mehrere hundert Jugendliche Pflastersteine, Absperrgitter und Flaschen sowie Tische und Stühle aus nahe gelegenen Cafés auf die Polizisten. Die Beamten gingen mit einem Wasserwerfer, Tränengas und Schlagstöcken gegen die Menge vor. In der Nähe des Kaufhauses Bon Marché setzten die Randalierer einen Zeitungsstand in Brand. Die Polizei setzte Gummigeschosse ein.

"Besonnenes Vorgehen"

Sarkozy weiß die Lösung
Nicolas Sarkozy (Archiv)Bild: AP

Allein in der Hauptstadt habe es rund 180 Festnahmen gegeben, sagte der Innenminister bei einem Besuch einer Kaserne der Bereitschaftpolizei CRS in Paris. Sarkozy dankte den Beamten für ihr "besonnenes Vorgehen". Der Polizeipräfekt von Paris sprach von 46 verletzten Beamten. Die seit Tagen andauernden Proteste richten sich gegen den "Vertrag zur Ersteinstellung" (CPE), der innerhalb der ersten zwei Jahre den Kündigungsschutz für Berufsanfänger aufhebt.

17 blockierte Universitäten

Studentenproteste in Paris
Demonstranten brechen in ein Restaurant in Paris einBild: picture-alliance/ dpa/dpaweb

Die Proteste erfassten rund 70 Prozent der Hochschulen und griffen auf zahlreiche Schulen über. Nach Angaben der Polizei gingen rund 250.000 Schüler und Studenten auf die Straße, doppelt so viele wie am 7. März und zweieinhalb Mal so viele wie beim ersten Protesttag am 7. Februar. Die Organisatoren sprachen von bis zu 500.000 Teilnehmern. Die Zahl der völlig blockierten Universitäten stieg der Regierung zufolge von 17 auf 21. "Eine Grundwelle hat die Jugend erfasst, die uns zum Sieg verhelfen wird", erklärte der Studentenverband UNEF. Nun suche man am Samstag die Einheit mit den Gewerkschaften.

Mehrere von der Opposition regierte Regionen wollen die Reform sabotieren: Sie schlossen Finanzhilfen an Firmen aus, die Berufsanfängern gemäß dem Gesetz Verträge mit zwei Jahren Probezeit anbieten. Premierminister Dominique de Villepin rief die Reformgegner

zum Dialog auf.

Streichung von Finanzhilfen

Oppositionsführer François Hollande warf Villepin vor, "nach der brutalen Durchsetzung des Gesetzes" auf "ein Verkommen des Protestes zu setzen" und einen echten Dialog zu verweigern. "Wenn man nichts hört, nichts sieht und nichts sagt, kann alles passieren", warnte der Sozialistenchef. Die Regionen Midi-Pyrénées, Poitou-Charentes und Pays de la Loire, strichen allen Unternehmen Finanzhilfen, die das CPE-Gesetz anwenden wollen. Die Gewerkschaften wollen nach dem Aktionstag am Samstag Streiks vorbereiten. Die Regierung setze "auf die Abnutzung der Proteste", erklärte CGT-Chef Bernard Thibault. Das werde man nicht zulassen.

68 Prozent der Franzosen wünschen nach einer Umfrage das Zurückziehen der der Reform. Der Erzbischof von Dijon, Roland Minnerath, nannte den CPE einen "Angriff auf die Rechte des Einzelnen". Entlassungen ohne Begründung verletzten die Würde des Mitarbeiters. Das Gesetz diskriminiere zudem die Jungarbeitnehmer. (chr)