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Matrix gegen den Terror

Udo Bauer7. August 2003

Big Brother lässt grüßen. Die USA haben mit dem Aufbau eines Zentralcomputers mit persönlichen Daten ihrer Bürger begonnen. Damit kann die Regierung in bislang unbekannte Tiefen der Privatsphäre eindringen.

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Wie so vieles, so hatte auch diese Datenbank klein angefangen. Im US-Bundesstaat Florida wurde ein Computer mit persönlichen Daten von Bürgern gefüttert, sprich Daten von Polizei und Gerichten, von Einwanderungsbehörde und Sozialversicherung, von Kreditkarten- und Telefonfirmen etc. Und tatsächlich ist die Polizei des sonnigen Bundesstaates, der von Präsidentenbruder Jeb Bush regiert wird, einigen Terrorismusverdächtigen auf die Schliche gekommen.

Effizienz erschreckt sogar die Macher

Jetzt aber soll diese amerikanische Form der Rasterfahndung ausgeweitet werden auf zunächst zwölf weitere Bundesstaaten. Auch das US-Justizministerium hat schon seine Finger nach dem Computer ausgestreckt. Ziel: die Ausweitung des Überwachungssystems auf die gesamten USA. Laut 'Washington Post’ ist das Beeindruckenste an dieser Datenbank mit dem Namen 'Multistate Anti-Terrorism Information Exchange’ (kurz: Matrix) die Schnelligkeit, mit der Aufenthaltsorte von Verdächtigen ermittelt werden können. Werde zum Beispiel, so die 'Washington Post’, ein braunhaariger Mann mit einem roten Pickup-Truck der Marke Ford in einem Umkreis von 20 Meilen um einen bestimmten Tatort gesucht, dann spuckt der Computer Sekunden später einen Namen und eine Adresse aus. Überwachung total per Mausklick.

Diese Effizienz erschreckt sogar die Macher des Projekts. Phil Ramer, der für die Erprobung der Matrix in Florida zuständige Beamte, meinte dazu: "Es ist schon gruselig, wenn man sich vor Augen führt, wie das System missbraucht werden kann." Wenn man wolle, dann könne man ja alles über jeden Buerger herausfinden. Deshalb wird der Zugang zum Matrix-Computer in Florida angeblich scharf überwacht und beschränkt. Fragt sich nur wie lange noch, denn Phil Ramer kann sich nach eigenen Worten schon jetzt vor Anfragen anderer Polizeibehörden kaum retten.

Freiheit kontra Sicherheit?

Datenschutz hat im "Land der Freien", wie sich Amerika in seiner Nationalhymne selbst bezeichnet, kaum historische Wurzeln. Persönliche Daten von Bürgern wie Adressen, Telefonnummern, Konsumgewohnheiten usw. sind, wenn's ums Geschäft geht, so ziemlich jedem Unternehmen wie selbstverständlich zugänglich. Etwas anders sieht es aus mit der Kontrolle der Bürger durch den Staat. Es gibt in den USA von jeher keine Meldepflicht, keine US-weiten Ausweise, und auch die Zuständigkeiten von Polizeibehörden enden rigoros an der jeweiligen Gemeinde-, Kreis- oder Staatsgrenze. Aber offenbar sind die Amerikaner nach dem Schock des Septemberterrors vor zwei Jahren bereit, auch diese Freiheiten zu opfern für ein trügerisches Gefühl subjektiver Sicherheit.

Nun gut, es gibt ein paar Aufrechte im US-Kongress, die kürzlich ein kontroverses Schnüffel-Programm des Pentagon mit dem Namen "Terrorism Information Awareness" entschärft haben. Gegen die Matrix aber regt sich zur Zeit nur Widerstand aus recht einflusslosen Bürgerrechtsgruppen. Ein sogenanntes "Zentrum für Demokratie und Technologie" ließ sich von der 'Washington Post’ zitieren mit folgender Kritik: Es bestehe die Gefahr, dass die Matrix auch zu anderen Zwecken als zur Terrorbekämpfung eingesetzt werde. Ach ja?