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Maus aus Haut

24. Juli 2009

Chinesische Forscher präsentieren erstmals geklonte Mäuse, die aus umprogrammierten Hautzellen entstanden sind. Ein Durchbruch in der Stammzellenforschung? "Nein!", sagt Wissenschaftsjournalist Michael Lange

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Die Maus Xiao Xiao (Foto: Dr. Qi Zhou)
Der Winzling Xiao XiaoBild: Dr. Qi Zhou

Wissenschaftler aus Peking benutzten für ihre Experimente Hautzellen schwarzer Mäuse. Sie schleusten vier genetische Faktoren in diese Zellen ein und versetzten sie so in einen embryonalen Zustand. Stammzellenforscher nennen diesen Vorgang Reprogrammierung und die so geschaffenen Zellen IPS-Zellen (induzierte pluripotente Stammzellen).

Frühere Forschungen hatten bereits gezeigt, dass diese Zellen ähnliche Eigenschaften besitzen wie die umstrittenen embryonalen Stammzellen. Unklar blieb jedoch, ob aus IPS-Zellen ganze Lebewesen enstehen können. Diese Frage konnte nun durch die chinesischen Forscher eindeutig mit "Ja" beantwortet werden.

Die Maus Xiao Xiao (Foto: Dr. Qi Zhou)
Bild: Dr. Qi Zhou

Bye bye Dolly, es lebe Xiao Xiao!

Xiao Xiao (winzig) heißt die erste Maus, die durch Umprogrammierung aus einer Körperzelle entstanden ist. In 1500 Versuchen entstanden in Peking insgesamt 27 Mäuse aus Hautzellen. "Sie sind gesund und haben bereits Nachkommen erzeugt", versichert die Wissenschaftlerin Fanyi Zeng von der Jiao-Universität in Peking. Gefragt, ob auch die Nachkommen gesund seien, muss sie zunächst lachen: "Das sind so viele. Hunderte. Die konnten wir noch nicht alle untersuchen."

Die chinesischen Forscher hatten bei ihren Versuchen eine Technik eingesetzt, die unter Stammzellenforschern und Gentechnikern bekannt ist. Dabei werden zusätzliche Embryonen verbraucht, die die Stammzellen mit Nahrung versorgen. Sie bilden die Placenta, und aus den Stammzellen oder den reprogrammierten Zellen entsteht ein neuer Embryo, der weiter heranwächst.

Michael Lange, Wissenschaftsjournalist und Biologe (Foto: Michael Lange)
Unser Autor Michael Lange kannte schon Klonschaf Dolly persönlichBild: DW

Auf den ersten Blick scheint die Methode geeignet, um die Klontechnik in der Tierzucht abzulösen. Doch wer genauer hinschaut, sieht, dass das Verfahren noch weniger effizient ist als das herkömmliche Klonen. Für den Einsatz beim Menschen kommt die Methode ohnehin nicht in Frage. Denn offiziell will niemand geklonte menschliche Embryonen - egal nach welchem Verfahren.

Auch die Bedeutung für die Wissenschaft ist gering. Die Stammzellenforscherin Jeanne Loring vom Scripps-Forschungsinstitut in Kalifornien bleibt gelassen nach der Lektüre der Ergebnisse aus China: "Das ist eine Standard-Technik, mit der man aus embryonalen Stammzellen Mäuse züchtet. Dass das gleiche auch mit IPS-Zellen funktioniert, ist keine Überraschung."

Aber Xiao Xiao wurde nicht vergeblich geboren. Die Maus ist ein lebendiges Zeichen für die Fähigkeiten der IPS-Zellen. Sie beweist: Embryonale Stammzellen sind nichts besonderes. Reprogrammierte IPS-Zellen aus dem Körper sind genauso gut und genauso erfolgversprechend für die Medizin wie Zellen aus Embryonen.

Autor: Michael Lange

Redaktion: Judith Hartl