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Maximilian Kolbe: Freiheit in der Bindung an Christus

16. Januar 2016

Er ging freiwillig in den Hungerbunker und damit in den Tod: Maximilian Kolbe. Pater Eberhard von Gemmingen SJ gedenkt im Beitrag der katholischen Kirche einem modernen Apostel, der aus Freiheit in Christus handelte.

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Maximilian-Kolbe-Werk Pater Maximilian Kolbe
Pater Maximilian KolbeBild: Maximilian-Kolbe-Werk

Im Jahr 1941 meldete sich ein Häftling im KZ Ausschwitz freiwillig, an Stelle eines Mithäftlings in den Hungerbunker zu gehen, um diesem das grauenvolle Sterben zu ersparen. Es war ein Akt allerhöchster Freiheit. Er gab sein Leben hin aus Liebe und brauchte dazu totale innere Freiheit. Woher kommt diese Freiheit, diese Liebe? Sie kam bei diesem Mann aus der Bindung an Jesus Christus. Dieses Phänomen möchte ich heute mit Ihnen bedenken.

Der Mann, der freiwillig in den Hungerbunker ging, war der polnische Priester Maximilian Kolbe. Er war im KZ, weil er eine Gefahr für den Naziterror darstellte. Die Nazis spürten, dass sie ihn kalt stellen mussten. So schuftete er im KZ mit den Anderen, war abgemagert bis aufs Skelett. Da versuchte ein Mithäftling den Ausbruch aus dem Lager. Zur Abschreckung für alle wurden zehn KZ-ler zum Tod durch Verhungern verurteilt. Einer von ihnen heulte vor Schreck und Angst auf. Er habe zuhause Frau und viele Kinder. Maximilian Kolbe meldete sich an seiner Stelle freiwillig in den Hungerbunker zu gehen. Sein Angebot wurde angenommen, und er starb elendig mit den Anderen. Der Hungertod, vor allem wegen Wassermangel und Austrocknen, ist entsetzlich.

Freiwillig in den Hungerbunker
Maximilian Kolbe war Jahre vorher Missionar in Japan. Er kannte also auch die Welt des Fernen Ostens. Wegen schwerer Krankheit musste er heimkehren. In Polen gründete er eine religiöse Gemeinschaft, deren Spezialität Öffentlichkeitsarbeit, PR-Arbeit war. Er wollte Jesus Christus besser bekannt machen, zeigen, dass in Christus alle Menschen innere Freiheit, Unabhängigkeit, Eigenverantwortung finden. Es ging ihm um Freiheit aus Bindung an Jesus Christus.

Kolbe war ein moderner Apostel. Er wollte seine frommen polnischen Landsleute durch Medienarbeit in die Moderne führen. Sie waren ja jahrhundertelang katholisch gewesen, aber viele von ihnen kannten den Glauben zu wenig. Kolbe wollte das ändern. Sie sollten den Glauben kennenlernen und sich an Christus binden. Seine Gemeinschaft wuchs, hatte bald 600 Mitglieder und wurde den Nazis immer gefährlicher. So landete er im KZ. Aber auch hier blieb er frei – in innerer Bindung an Christus.

Freiheit aus der Bindung an Christus
Vielleicht kann der moderne Maximilian Kolbe auch uns frei machen von der falschen Vorstellung, dass Völker eben einfach christlich sind, weil das immer schon so war, weil die Kirche sie indoktriniert, weil das Tradition ist, weil das Nationalgefühl durch den Glauben gestärkt wird. Das alles kann ja ein bisschen richtig sein. Aber Kolbe zeigt, dass der Glaube auch tiefer begründet sein kann und bei vielen auch ist.

Er hat übrigens einen vergleichbaren Nachfolger in jüngerer Zeit. Es ist der wenig bekannte polnische Priester Jerzy Popiełuszko. Der half vor 30 Jahren den Arbeitern in der Danziger Werft unter Lech Wałęsa. Und Moskau ließ ihn ermorden.

Vielleicht brauchen wir heute, da sich eine gewisse politische Lethargie ausbreitet, besonders freie Menschen, die den Mut zum Widerspruch haben, die aus religiöser Überzeugung Stellung beziehen. Vielleicht kann uns der eine oder andere fromme Pole aus politischer Lethargie wecken. Wichtig scheint mir auch, Klischees zu überwinden wie: Religion mache unterwürfig oder aggressiv, oder wie: religiöser Glaube widerspreche moderner Pluralität und Toleranz, oder wie: Kirche sei überholt und einfach langweilig. Vielleicht müssen wir Priester uns mehr darum bemühen, Jesus als einen provozierenden, aufregenden, unangepassten, aufrüttelnden Menschen vorzustellen. Jesus ist nicht einfach nur lieb. Dann wäre er für junge Menschen uninteressant. Wer sich an ihn bindet, wird wach, unabhängig zum Engagement und zum Widerstand, wird damit auch zu einem modernen Bürger, den die Demokratie voraussetzt. Das Engagement von Maximilian Kolbe und Jerzy Popiełuszko, die die Welt nach dem Geist Christi gestalten wollten und innerlich frei waren, ist gerade heute ein Symbol der Freiheit. Es ist eine Freiheit, die von dem Mann am Kreuze kommt. Auch er war Widerständler.

Pater Eberhard von Gemmingen
Pater Eberhard von GemmingenBild: picture-alliance/ ZB


Zum Autor: Pater Eberhard von Gemmingen SJ ist 1936 in Bad Rappenau geboren. Nachdem er 1957 in den Jesuitenorden eingetreten ist, studierte er 1959 Philosophie in Pullach bei München und Theologie in Innsbruck und Tübingen. 1968 erfolgte seine Priesterweihe. Pater Eberhard von Gemmingen SJ war Mitglied der ökumenischen Laienbewegung action 365, bischöflicher Beauftragter beim ZDF und Leiter der deutschsprachigen Redaktion von Radio Vatikan. Seit 2010 ist er Fundraiser der deutschen Jesuiten.


Kirchliche Verantwortung: Dr. Silvia Becker, Katholische Hörfunkbeauftragte, und Alfred Herrmann