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Mazedonien: Wahlprozess und Korruption bleiben Prüfsteine

15. Dezember 2005

Erwan Fouere, EU-Vertreter in Skopje, bekleidet sein Amt seit sechs Wochen. DW-RADIO schilderte er seine Einschätzung der Chancen Mazedoniens, Fortschritte im Reformprozess und bei der Eurointegration zu erzielen.

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Das Parlament in SkopjeBild: aptn

DW-RADIO/Mazedonisch: Mazedonien hat im November von der EU 140 Seiten mit Aufgaben erhalten, die es umsetzen muss. Das Parlament in Skopje hat bereits die geforderten Verfassungsänderungen gebilligt. Hat Mazedonien die Kapazitäten, diese Aufgaben zu erfüllen?

Erwan Fouere: Ich hege keinerlei Zweifel daran. In Mazedonien sind nun die Verfassungsänderungen verabschiedet worden. Die nächsten großen Aufgaben sind die Polizeireform und die entsprechenden Standards, die in diesem Bereich erzielt werden müssen. Wenn das bislang vorgelegte Reformtempo fortgesetzt wird, dann ist das Land auf dem richtigen Weg. Allerdings bezieht sich dies nicht allein darauf, dass Gesetze verabschiedet werden müssen. Sie müssen dann auch in der Praxis umgesetzt werden.

Die EU-Kommission hat als vorrangige Aufgabe gestellt, dass die für kommendes Jahr anberaumten Parlamentswahlen erfolgreich durchgeführt werden. Glaubt denn die EU nicht, dass Mazedonien ein faires Wahlverfahren durchführen kann?

Demnach, was ich bisher gesehen habe und worauf auch die OSZE hinweist, besteht das Problem nicht in der Legislative, sondern in der Rolle der Polizei während der Wahlen. So dass sich die Reformen, die sich auf das Wahlverfahren beziehen, bereits im Januar auf der Tagesordnung des Parlaments stehen und hoffentlich gebilligt werden. Die Hauptaufgabe aller politischen Akteure im Land wird darin bestehen, dass alle kommunalen politischen und parteipolitischen Führungskräfte die neuen Reformen vollends achten, aber auch dass das Verhalten der Polizei während der Wahlen im Einvernehmen mit europäischen Standards steht. Das heißt, viele Dinge hängen vom politischen Konsens ab, und es ist erkennbar, dass die Stimmung im Augenblick gut ist, weil der Reformprozess nach internationalen Standards erfolgt. Unabhängig davon werden wir aufmerksam den ganzen Prozess verfolgen, weil dies der Haupttest für Mazedonien kommendes Jahr ist.

Ein wunder Punkt in Mazedonien ist die Korruption. Verfügt Mazedonien über effiziente Instrumente, um die Korruption zu bekämpfen?

Wir haben der Regierung in diesem Punkt gesagt, dass ihre Herangehensweise an dieses Problem lauten muss: Null-Toleranz. Vergangen Freitag (9.12.) haben die Minister und die Parteien eine Deklaration über Null-Toleranz bei der Korruption unterzeichnet. Nun wird es sicherlich für die politische Führung und alle Vertreter der Gesellschaft eine Herausforderung sein, diese Deklaration umzusetzen. Die Korruption ist verbunden mit der organisierten Kriminalität in der gesamten Region. Sie ist das Krebsgeschwür der Gesellschaft und muss entfernt werden. Die EU hat Skopje auch eindeutig angewiesen, dass einige Korruptionsfälle rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen müssen.

Der Streit um den EU-Haushalt wirkt sich auf den EU-Erweiterungsprozess aus. Meinen Sie, dass die EU-Erweiterung fortgesetzt wird?

Das ist ein schwieriges Problem. Wie wir aus den Diskussionen der vergangenen Wochen entnehmen können, bestehen große Bedenken, ob die Mitgliedsländer zu einem Einvernehmen gelangen. Falls sie zu keiner Einigung gelangen, wird das die Gesamtsituation beeinflussen. Aber wie wir aus der Geschichte der EU ersehen können, ist es ihr auch in den schwierigsten Momenten gelungen, eine Lösung zu finden. Ich glaube, es besteht noch Hoffnung, dass in dieser wichtigen Frage ein Einvernehmen erzielt wird und dadurch ein positives Signal für die weiteren Eurointegrationsprozesse gesetzt wird.

Das Interview führte Elena Simonovska

DW-RADIO/Mazedonisch, 13.12.2005, Fokus Ost-Südost