1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Chance für McCain

Hans Pfeifer7. November 2008

Es ist einer der bewegendsten Momente der US-Wahlnacht: Kurz nachdem die Nachrichtensender melden, dass die Schlacht verloren ist, tritt der republikanische Haudegen John McCain vor Anhänger und Presse.

https://p.dw.com/p/FpZt
Bild: DW

McCain hebt an und gerät gleich ins Stocken. Mit Tränen in den Augen gratuliert er Barack Obama zum Wahlsieg. Er spricht sogar davon, dass es ihm eine Ehre sei, dem Herausforderer zu gratulieren. Und dann fordert er das buhende republikanische Wahlvolk auf, keinen Anlass zu geben, "dass irgendeinem Amerikaner seine Staatsbürgerschaft nicht lieb und teuer ist in dieser größten Nation auf Erden.” Der stramm-konservative Republikaner McCain sammelt die Menschen hinter seinem Konkurrenten, dem liberalen Demokraten und ersten schwarzen Präsidenten in der Geschichte der USA, Barak Obama.

Ersatzbeschäftigung

McCain ist jetzt arbeitslos. Aber mit seiner Rede hat er sich für einen Job in der deutschen Politik aufs Wärmste empfohlen: Und zwar als Ministerpräsidenten im Bundesland Hessen! Denn die Hessen irrlichtern seit Monaten durch den Politik-Orkus und schaffen es nicht, trotz einer Landtagswahl im Januar einen neuen Ministerpräsidenten zu wählen. Gerade erst in dieser Woche ist ein neuer Anlauf gescheitert - und das nach quälend langer Strippenzieherei: vier SPD-Abgeordnete weigerten sich ihre eigene Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti bei einer frisch angesetzten Wahl zur Ministerpräsidentin zu unterstützen. Denn Ypsilanti wollte sich mit den Stimmen der umstrittenen Linkspartei krönen lassen. Die Linkspartei aber besteht in Hessen aus einem bunt zusammen gewürfelten Haufen von Kommunisten, Trotzkisten und anderen SPD-Fressern. Und mit denen ist nicht nur nach Meinung der vier Abtrünnigen kein Staat zu machen. Damit ist der zweite Anlauf von Frau Ypsilanti gescheitert und Hessen gleicht einem politischen Scherbenhaufen.

Und Hessen?

Die Folge? In Hessen will niemand mehr mit niemandem mehr regieren und alle Parteien beschimpfen alle Parteien. Auf der Strecke geblieben ist dabei der politische Anstand. Als erster hatte ihn der amtierende Ministerpräsident Roland Koch verloren. Mit seinem ausländerfeindlichen Wahlkampf wollte er eine drohende Wahlniederlage abwenden. Die kassierte er dann zwar umso krachender, aber an seinem Amt klebt er immer noch. Dann verlor ihn Andrea Ypsilanti. Trotz aller Wahlversprechen schwenkte sie nach der Landtagswahl auf eine Zusammenarbeit mit den SPD-Fressern von der Linkspartei um, weil sie die jetzt als Mehrheitsbeschaffer benutzen wollte. Und schließlich verlor die Linkspartei jeglichen parlamentarischen Anstand, als ihr Fraktionsmitglied Hermann Schaus die vier sozialdemokratischen Abweichler “hinterlistige Schweine” nannte, nur weil sie im Parlament von ihrer Gewissensfreiheit gebrauch machen wollten.

Helfen kann da nur noch John McCain. Denn seine Rede nach der deftigen Wahlniederlage hat bewiesen, dass politischer Anstand möglich ist - selbst nach einem harten, heftigen Wahlkampf voller persönlicher Attacken. Keiner könnte die orientierungslosen Hessen besser versöhnen als der Mann aus Phoenix, Arizona. Deswegen: McCain for Ministerpräsident!