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Medien: Alawiten sagen sich von Assad los

3. April 2016

In Syrien droht Machthaber Assad eine Machterosion von innen. Nach einem Bericht der "Welt am Sonntag" wenden sich einflussreiche Mitglieder seiner alawitischen Glaubensgemeinschaft gegen den Präsidenten.

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Syriens Präsident Baschar al-Assad (Foto: Picture alliance)
Bild: picture-alliance/dpa

In einer Erklärung der Alawiten, über die die "Welt am Sonntag" berichtet, heißt es: "Das jetzige Regime ist totalitär und vertritt nicht die Alawiten. Damit es Frieden geben kann, müssen seine Vertreter aus der Regierung verschwinden." Die Organisatoren der Initiative erklären weiter: "Die herrschende politische Macht, wer auch immer sie verkörpert, repräsentiert uns nicht und bestimmt nicht unsere Identität und garantiert weder unsere Sicherheit noch unser Ansehen."

Die Assad-Familie gehört der Minderheit der Alawiten an, einer schiitischen Ausrichtung des Islam. Dem Zeitungsbericht zufolge distanzieren sich Vertreter angesehener alawitischer Großfamilien von der Regierung und bieten der sunnitischen Bevölkerungsmehrheit eine umfassende Versöhnung an. Die Initiative gehe von Geistlichen und Politikern aus, auch hochrangige Militärs seien eingeweiht. Da alle Träger der Aktion nach wie vor in Syrien lebten, blieben ihre Namen geheim.

Sprachrohr für jeden dritten Alawiten?

Die Wortführer der Initiative, die sich "Alawite Task Force" (ATF) nennt, geben an, dass sie etwa ein Drittel bis 40 Prozent der alawitischen Gemeinschaft vertreten. Diese Angaben könnten jedoch nicht abschließend überprüft werden. Die "Welt am Sonntag" berichtet, sie habe die Organisatoren mehrfach getroffen und die vorgelegten Materialien gemeinsam mit der französischen Zeitung "Le Figaro" und der italienischen "La Repubblica" geprüft.

Die Alawiten machen etwa zehn Prozent der syrischen Bevölkerung aus, stellen aber einen Großteil der Militär- und Geheimdienstelite des Landes. Etwa drei Viertel der Syrer sind Sunniten. Nach unsicheren Schätzungen sollen sich weltweit zwei bis drei Millionen Menschen zur alawitischen Gruppierung bekennen, die ihre Heimat im Nahen Osten hat. In Syrien wuchs ihre Bedeutung erst mit der Machtübernahme der Baath-Partei, die derzeit mit Baschar al-Assad den Präsidenten stellt. Das Assad-Regime wird traditionell vom schiitisch geprägten Iran unterstützt.

Auf Distanz zum schiitischen Islam

In ihrer Erklärung grenzt sich die alawitische Initiative laut Zeitungsbericht klar vom schiitischen Islam ab und betont, das Alawitentum stelle ein drittes Modell des Islams dar. Die Mitglieder der "Alawite Task Force" werben demnach ausdrücklich für eine Versöhnung mit den Sunniten und erklären sich gesprächsbereit gegenüber allen Vertretern der Sunniten in Syrien.

Bei den Friedensverhandlungen in Genf, die in der kommenden Woche fortgesetzt werden sollen, weigert sich das Assad-Regime bisher, über einen Rücktritt des Präsidenten zu verhandeln. Zuletzt hatte Assad ein Modell für eine neue Regierung vorgeschlagen, der Vertreter der Opposition, unabhängiger Kräfte und derjenigen, die loyal zur bisherigen Führung stünden, angehören sollten. Probleme könnten bei den Genfer Gesprächen gelöst werden, ein Entwurf für eine neue Verfassung könne binnen Wochen stehen, sagte Assad der russischen Nachrichtenagentur RIA.

Der Assad Clan (Undatiertes Archivfoto: AP)
Der Assad-Clan in einer undatierten historischen AufnahmeBild: AP

Der britische Außenminister Philip Hammond sagte zu dem Angebot: "Baschar al-Assad spricht von einer Einheitsregierung und meint damit, dass er ein oder zwei handverlesenen regime-freundlichen Vertretern der Opposition wenig bedeutende Posten in der Regierung gibt." Dies reiche nicht aus. Nötig sei vielmehr eine Übergangsregierung in Syrien. Es müsse einen "Richtungswechsel" geben. Eine neue Regierung dürfe nicht von Assad geführt werden. Auch die US-Regierung lehnt eine Beteiligung Assads an einer Übergangsregierung strikt ab.

kle/uh (kna, Welt am Sonntag, rtr)