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Medienkanzler auf Tauchstation

Bernd Gräßler4. Juni 2004

Der Mann, den man einst den Medienkanzler nannte, macht sich neuerdings gerne rar. Das bekamen auch die Journalisten zu spüren, die Gerhard Schröder in der so genannten "Kanzlermaschine" nach Mexiko begleiteten.

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In der "Kanzlermaschine" mitzufliegen, gilt noch immer als besonderer Höhepunkt im Berichterstatteralltag. Tief griffen die Hauptstadt-Journalisten unlängst in die schmaler gewordenen Reiseetats, um Gerhard Schröder auf seiner 66stündigen Mexikoreise auf Tuchfühlung zu begleiten.

Journalisten in der Holzklasse

Immerhin gute 30 Stunden waren an Bord der Kanzlermaschine zu verbringen. Wenig Mexiko, aber viel Zeit in den engen, durchgesessenen Sitzen des aus DDR-Beständen übernommenen Airbusses, in dem die Journalisten ganz hinten, in der unbeliebten "Holzklasse" ihren Platz haben.

Egal, Hauptsache Kanzlermaschine. Als Schmerzensgeld winkt die Hoffnung auf exklusive Informationen. Vielleicht würde der Kanzler ja im lockeren Gespräch das Nähkästchen öffnen, oder beim Überfliegen des Kanzleramtes raunen: "Ich will da raus."

Kanzlermaschine ohne Kanzler?

Früher soll es Flugreisen gegeben haben, bei denen Schröder die fröhliche Journalistenrunde gar nicht mehr habe verlassen wollen, und fast zwangsweise in seinen Salon habe expediert werden müssen.

Das mag früher so gewesen sein. Diesmal war es anders. Vom Abflug in der Berliner Dunkelheit bis zur Ankunft in Mexiko-Stadt blieb unklar, ob Gerhard Schröder überhaupt an Bord war. Einziges Indiz dafür waren Ansagen über Bordlautsprecher "Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, sehr geehrte Fluggäste..." Doch das konnte auch Bluff sein. Also zweimal 15 Stunden in der Kanzlermaschine ohne Kanzler?

Kurzer Pressetermin muss reichen

Ganz so schlimm kam es nicht. Gerhard Schröder war an Bord. Er stieg in Mexiko aus dem Flugzeug und entschwand ins Hotel. Dann tauchte er bei einer zwanzigminütigen Pressekonferenz mit Mexikos Staatschef Fox wieder auf. Danach verschwand er wieder, um am folgenden Tag mit angestrengten Gesicht die deutschen Journalisten in etwa 15 Minuten über den Gipfel Lateinamerika-EU zu informieren.

Dann tauchte Gerhard Schröder wieder ab. Die Journalisten flogen am Abend zurück, an Bord der Kanzlermaschine. Der Mann, den man einst den Medienkanzler nannte, soll auch an Bord gewesen sein. Die Ansagen über Bordlautsprecher deuteten darauf hin...