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Medienlandschaft in Bulgarien: Mehr Möglichkeiten, neue Probleme

22. März 2007

Die Geschichte der freien Medien in Bulgarien ist kurz: Sie begann 1989 mit dem großen Wandel in Osteuropa. Heute sorgen sich Beobachter um politische Gefälligkeiten und den Einfluss ausländischer Investoren.

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Wichtige Printmedien ganz oder anteilig in ausländischer HandBild: Illuscope

Vor der Wende 1989 war der totalitäre Staat das A und O. Bereits Artikel 1 der Verfassung verkündete die führende Rolle der kommunistischen Partei. Eine spezielle Abteilung im Zentralkomitee dieser Partei hatte die Aufgabe, die Medien zu kontrollieren – sie sollten sich in den vom Staat gesetzten Grenzen halten. Diesen Rahmen zu durchbrechen, galt als äußerst mutig, als eine Art Heldentat.

Probleme der Medienfreiheit

Nun scheint diese finstere Zeit endgültig Vergangenheit zu sein. Heute existieren in Bulgarien hunderte von Medien und die Pressefreiheit versteht sich als das Fundament der neuen demokratischen Zivilgesellschaft. Doch sieht man genauer hin, kann man eine Reihe von Problemen und Defiziten feststellen. "Die totale Überwachung der Medien während der kommunistischen Diktatur gibt es nicht mehr, aber es herrschen Manipulation und das Bedienen von politischen und wirtschaftlichen Interessen", sagt Kalin Manolov, selbst Journalist und Vorsitzender der Nichtregierungsorganisation Bulgarische Gesellschaft für individuelle Rechte. "Ich glaube nicht, dass es sich um eine Konspiration gegen die Demokratie handelt. Das bedeutet jedoch, dass diese Medien keine Ahnung haben, welche neue Mission sie in der neuen demokratischen Gesellschaft haben", führt Manolov weiter aus. Besorgniserregend sei zudem, dass die meisten bulgarischen Medien davon betroffen seien. "Wenn am Anfang der Demokratie das Wort war und das Wort ständig Schutz braucht heute in Bulgarien, dann ist auch die Demokratie hierzulande krank", meint Manolov.

Kritik an Lizenzvergabe

Auf ein ganz anderes Problem macht Dimitar Sotirov aufmerksam, der Direktor der Bulgarischen Medienkoalition, eines landesweiten Zusammenschlusses von Journalisten und Medienexperten. Er kritisiert die Tatsache, dass in den letzten fünf Jahren keine neuen Lizenzen an Rundfunksender, also keine Sendefrequenzen vergeben wurden. Das ist eigentlich Aufgabe des staatlichen Rates für elektronische Medien. "Das heißt, dass dieses Gremium fünf Jahre lang nicht imstande war, seine Grundfunktionen zu erfüllen", beklagt Sotirov. Die gestoppte Neulizenzierung hatte drei Folgen: Sie führte zur Stagnation des Medienmarktes im Bereich des Rundfunks sowie zur Entstehung vieler neuen Kabelbetreiber für den Hörfunk und das Fernsehen, die im Unterschied zum Rundfunk keine Lizenz brauchen, sondern nur registriert werden. Außerdem kamen viele ausländische Investoren nach Bulgarien, um heimische Medien zu übernehmen.

Einfluss ausländischer Investoren

Besonders stark wirkte sich dies auf den Markt der Printmedien aus. So sind die zwei größten bulgarischen Zeitungen Trud und 24 Casa seit 1996 in deutschen Händen – im Besitz der WAZ-Gruppe. Die deutsche Verlagsgruppe Handelsblatt hält 50 Prozent der Anteile am zweitgrößten Zeitungsherausgeber in Bulgarien – Economedia. Ausländische Eigentümer hat auch der führende Verlag für Wirtschafts- und IT-Fachzeitschriften in Bulgarien – er ist zu hundert Prozent Eigentum des amerikanischen Herausgebers IDG (International Data Group).

Der Ansturm ausländischer Investoren sei zwar grundsätzlich positiv, so der Direktor der Bulgarischen Medienkoalition, Dimitar Sotirov. Allerdings hätten viele der neuen Eigentümer den Medien nach der Besitzübergabe ein neues Profil gegeben. Das letzte Beispiel dafür ist Radio Nova Evropa – der Rechtsnachfolger von Radio Free Europe in Bulgarien nach der Einstellung des bulgarischen Programms des amerikanischen Senders. Sein neuer ausländischer Eigentümer hat den Nachrichten- und Informationssender geschlossen und an dessen Stelle ein rein musikalisches Projekt unter dem Namen Z-Rock Radio gestartet.

Eins kann man aber nicht bestreiten – dass die Internationalisierung des Medienmarktes in Bulgarien auch mehr Geld ins Geschäft gebracht hat. So rechnet man etwa in der bulgarischen Vereinigung der Werbeagenturen mit einer Zunahme des Werbeetats im Jahr 2007 um 20 Prozent. 2006 erreichten die ausgegebenen Summen für Werbung in den Medien schon 80 Millionen Euro.

Emiliyan Lilov
DW-RADIO/Bulgarisch, 15.3.2007, Fokus Ost-Südost