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Medikamententest in Frankreich endet tragisch

15. Januar 2016

Bei einer klinischen Medikamenten-Studie habe es einen "schweren Unfall" gegeben, teilte das Gesundheitsministerium in Paris mit. Ein Teilnehmer ist tot, fünf weitere liegen auf der Intensivstation.

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rettungswagen vor der CHU-Klinik im französischen Rennes (foto: reuters)
Bild: Reuters/S. Mahe

Die französische Regierung bezeichnete die Vorfälle in Rennes als schlimmsten Unfall dieser Art in Frankreich. Gesundheitsministerin Marisol Touraine sagte, ihr sei nichts Vergleichbares bekannt.

Sechs Probanden wurden nach Einnahme des Medikaments, das gegen Schmerzen helfen sollte, mit neurologischen Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert. Außer dem hirntoten Patienten seien vier in einem lebensbedrohlichen Zustand, heißt es. Anders als zuvor verlautet soll das Test-Medikament keine Cannabinoide enthalten haben.

Offenbar kam es schon zu Beginn der klinischen Erprobung zu Problemen, obwohl jegliche Tierversuche zuvor erfolgreich verliefen. Entwickelt wurde der Wirkstoff vom portugiesischen Pharmaunternehmen Bial, die Studie mit gesunden Freiwilligen fand am Institut Biotrial in Rennes statt. Damit befand sich das Medikament in der Phase 1 seiner klinischen Entwicklung.

Ein außergewöhnliches Ereignis

Hier ging es darum, die Anwendungssicherheit, die Verträglichkeit und das pharmakologische Profil des Moleküls abzuschätzen, so eine Stellungnahme des französischen Gesundheitsministeriums. Nach den Vorfällen habe das Labor die Nationale Behörde für die Sicherheit von Medikamenten und Medizinprodukten über den Stopp des Tests informiert und alle freiwilligen Versuchsteilnehmer zurückgerufen.

In der ersten Phase der klinischen Erprobung eines Medikaments seien die Wirkstoffe nur sehr niedrig dosiert, sagte Rolf Hömke vom Verband Forschender Arzneimittelhersteller (VFA) der Deutschen Presse-Agentur. Auch fänden sie unter genauer ärztlicher Kontrolle statt. "Deshalb ist es ein absolut außergewöhnliches Ereignis, dass bei so einer frühen Testphase ein Teilnehmer stirbt oder in ein Krankenhaus kommt."

Hömke ist nur ein ähnlicher Vorfall bekannt: Er fand in Großbritannien im Jahr 2006 statt, als ein Wirkstoff gegen Multiple Sklerose getestet wurde. Fünf Minuten nach der Einnahme zeigten sechs von acht Männern schwere Reaktionen. Wenige Stunden später stellten Ärzte multiples Organversagen fest. Die Patienten schwebten tagelang in Lebensgefahr, ein Mann lag drei Wochen im Koma.

Pharmaunternehmen insolvent

Der Wirkstoff stammte von der Würzburger Pharmafirma TeGenero. Das Unternehmen musste wenige Monate nach dem Vorfall Insolvenz anmelden. "Nach dem TeGenero-Desaster wurden die Regeln für Medikamententests noch mal sehr verschärft, die Dosierung muss nun noch viel niedriger sein", sagte Hömke.

Jedes Jahr finden weltweit über 14.000 klinische Studien statt, zu Todesfällen kommt es dabei äußerst selten. Zwei weitere Todesfälle gab es nach Angaben von Reuters und AFP um die Jahrtausendwende bei Medikamententests. Eine frühere US-Studie zeigte, dass nur 0,31 Prozent von Probanden, die an insgesamt 394 klinischen Studien teilgenommen hatten, schwerwiegende Nebenwirkungen entwickelten. Aber nur ein Drittel dieser Fälle waren tatsächlich auf den eigentlich Wirkstoff, der getestet wurde, zurückzuführen.

bo/fs (dpa, AFP, Reuters)