1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Mehr als 100 Tote nach Explosion

28. März 2011

Im Südjemen, wo sich El-Kaida-Extremisten und Militärs Gefechte liefern, sind bei der Explosion in einer Munitionsfabrik viele Menschen getötet worden. Das ärmste Land im Nahen Osten gleitet immer tiefer ins Chaos.

https://p.dw.com/p/10jBF
Demonstranten im Jemen (Foto: AP)
Jemens Regime unter Druck: Demonstranten in den Städten, Rebellen im Norden, El-Kaida im SüdenBild: AP

Bei der Explosion einer Munitionsfabrik in der südlichen Provinz Abjan sind am Montag (28.03.2011) nach Angaben von Ärzten mehr als 100 Menschen getötet worden. Sie waren nach Angaben von Augenzeugen auf das Fabrikgelände nahe der Ortschaft Dschaar vorgedrungen, das zuvor von Islamisten gestürmt und ausgeplündert worden war.

Zu der Explosion war es nach Angaben der arabischen Nachrichten-Website "Marib Press" gekommen, als sich einer der Eindringlinge neben einem Munitionslager eine Zigarette anzündete. In dem Lager wurde Pulver für Patronen aufbewahrt.

Karte vom Jemen (DW-Grafik)
Unruhen überall: Droht der Jemen zu zerbrechen?

Fabrik geplündert

Nach Angaben aus Sicherheitskreisen waren mutmaßliche Mitglieder des Terrornetzwerks Al-Kaida bereits am Sonntag in die Fabrik gestürmt. Sie hätten Kisten mit Munition gestohen und in mehrere Kleintransporter geladen. Die Armee hatte versucht, die Islamisten zu vertreiben.

Nachdem die Islamisten abgezogen waren, waren laut Augenzeugen Einheimische in die Fabrik eingedrungen. Sie sollen nach Waffen gesucht und unter anderem Kabel, Türen und Benzin entwendet haben, als es zu dem Unglück kam. Unter den bei der Explosion Getöteten sollen auch zahlreiche Frauen und Kinder sein.

El-Kaida auf dem Vormarsch?

Der Vorfall zeigt, dass das Regime in Sanaa gleich an mehreren Fronten zunehmend unter Druck gerät. Seit sechs Wochen kommt es im Jemen immer wieder zu gewaltsamen Protesten gegen den seit mehr als 30 Jahre regierenden Staatschef Ali Abdullah Saleh. Während Demonstranten in den großen Städten weiter den Rücktritt von Saleh fordern, proben schiitische Houthi-Rebellen im Norden des Landes den Aufstand. Im Süden und Osten könnten El-Kaida-Terroristen an Einfluss gewinnen.

Nach Berichten jemenitischer Medien hatten die Houthi-Rebellen ihre Hochburg, die nördliche Provinz Saada, am Sonntag für "unabhängig" erklärt. Sie gaben an, sogar einen eigenen Gouverneur eingesetzt zu haben. Der neue Provinzchef, Scheich Fares Manaa, war in der Vergangenheit von den jemenitischen Behörden beschuldigt worden, den Waffennachschub für die Rebellen zu organisieren.

Der Chef der 'El-Kaida auf der Arabischen Halbinsel', Nasser al-Wahaishi (Foto: dpa)
Gewinnen Terroristen an Einfluss? - Chef der El-Kaida im Jemen, Nasser al-WahaishiBild: picture-alliance/dpa

Im Süden und Osten des Landes nutzen nach Informationen jemenitischer Medien islamische Extremisten des El-Kaida-Netzwerks den andauernden Machtkampf zwischen Präsident Saleh und seinen Gegnern aus, um an Einfluss zu gewinnen. Am Wochenende lieferten sich Extremisten blutige Gefechte mit Militärs. Dabei kamen mehrere Soldaten und El-Kaida-Mitglieder ums Leben.

Die jüngsten Auseinandersetzungen schüren die Ängste westlicher Staaten und des Nachbarn Saudi-Arabien, Jemen könnte ins Chaos versinken. Davor warnen Terrorismusexperten schon seit längerer Zeit, denn vom chaotischen Zuständen würde vor allem der internationale Terrorismus proftieren. Der Jemen gilt als einer der wichtigsten Rückzugsorte des Terrornetzwerks El-Kaida.

Saleh will doch nicht gehen

Trotz andauernder Proteste, hatte Jemens Präsident Saleh am Sonntag sein Angebot widerrufen, zum Jahresende zurückzutreten. Er werde bis zum offiziellen Ende seiner Amtszeit 2013 Staatschef bleiben, erklärte seine Partei Allgemeiner Volkskongress. Zuvor hatte die Partei im Internet verkündet, dass es notwendig sei, eine neue Regierung zu bilden. Die solle damit beauftragt werden, eine neue Verfassung für das Land auf Basis eines parlamentarischen Systems, auszuarbeiten. Noch wenige Tage zuvor hatte Saleh angeboten, sein Amt zum Jahresende niederzulegen. Die Regierungsgegner hingegen fordern seinen sofortigen Rücktritt.

Nach Agenturberichten sind bei den Protesten bisher fast 100 Regimegegner getötet und mehr als 1000 verletzt worden. Am 18. März hatten Scharfschützen bei einer Demonstration in der Hauptstadt Sanaa mindestens 40 Menschen getötet.

Autorin: Julia Hahn (rtr, dpa, afp, dapd)
Redaktion: Ursula Kissel