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Mehr Kontrolle für den Weltklimarat

11. März 2010

Nach internationalen Protesten wegen Fehlern im Weltklimabericht bekommt der Weltklimarat jetzt einen Aufpasser vorgesetzt. UN-Generalsekretär Ban hat internationale Wissenschaftler zu Beratern berufen.

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Ban Ki-moon läutet das UN-Jahr 2008 ein. (Foto: AP)
UN Generalsekretär BanBild: AP

Die Arbeit des Weltklimarates IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) wird künftig vom Inter Academy Council (IAC) kontrolliert - einem unabhängigen Wissenschaftlergremium, dem die Akademien der Wissenschaften aus 15 Ländern angehören. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon reagierte mit dieser Maßnahme auf den fehlerhaften Klimabericht des IPCC von 2007. Nun würden alle Maßnahmen des Rates völlig unabhängig von den Vereinten Nationen überprüft, sagte Ban in New York.

Fehler und mangelnde Transparenz

Rajendra Pachauri bei einer Konferenz der Vereinten Nationen in Genf 2002 (Foto: AP)
Rajendra PachauriBild: AP

Ban hatte bereits im Februar angekündigt, eine unabhängige Kontrollinstanz des Weltklimarates einzurichten. Dem Klimabericht zufolge könnten die Gletscher bis zum Jahr 2035 verschwunden sein - gemeint war aber das Jahr 2350. Der IPCC-Vorsitzende Rajendra Pachauri sprach von einem "bedauerlichen Fehler".

Auch fehlende Transparenz war dem Weltklimarat vorgeworfen worden. So veröffentlichten Hacker Ende vergangenen Jahres Tausende interne E-Mails von Forschern der britischen Universität von East Anglia im Internet. Danach wurde den UN-Klimafachleuten vorgeworfen, Daten vertuscht zu haben, die möglicherweise Zweifel an der These der Erderwärmung stärken. Der Rat verurteilte den Hackerangriff als Versuch, das Gremium in Verruf zu bringen.

Achim Steiner, Exekutivdirektor des UN-Umweltprogramms (UNEP) betont, es sei wichtig, dass der Weltklimarat glaubwürdig bleibe: "Fehler können immer passieren. Das ist menschlich, aber die Welt kann es sich nicht erlauben, das Vertrauen in den IPCC-Prozess zu verlieren."

Greenpeace verlangt mehr Kontrolle

Mit der Einführung unabhängiger Kontrollen wird auch der Forderung von Greenpeace nach mehr Sorgfalt in der künftigen Arbeit des UN-Gremiums Rechnung getragen: "Es müssen neue Mechanismen der Kontrolle eingeführt werden", verlangte der Klimaexperte der Umweltorganisation, Martin Kaiser, bei Bekanntwerden der Vorwürfe im Februar. Unter anderem müssten der Umgang mit den Daten strenger geprüft und die wissenschaftlichen Texte häufiger Korrektur gelesen werden. "Der Chef des Klimasekretariats, Rajendra Pachauri, muss jetzt das Heft in die Hand nehmen und zeigen, wie sich das Gremium neu aufstellt." Einen Rücktritt des Friedensnobelpreisträgers Pachauri lehnte Kaiser indes ab.

Martin Kaiser, Klimaexperte bei Greenpeace, bei der Biodiversitätskonferenz (Foto: DW)
Martin Kaiser, Klimaexperte bei GreenpeaceBild: DW / Ayari

Die Fehler stellten die Aussagen des jüngsten Sachstandsberichts des Klimarates nicht grundsätzlich in Frage, unterstrich der Greenpeace-Experte. Der Report aus dem Jahr 2007 basiere auf einer Vielzahl wissenschaftlich fundierter Quellen, deren Glaubwürdigkeit durch vereinzelte Falschaussagen nicht erschüttert werde.

Hauptaussagen des Berichts sind sicher

Der deutsche Klimaökonom Ottmar Edenhofer ist seit September 2008 - also dem Jahr nach Erscheinen des fehlerhaften Berichts - Co-Vorsitzender einer Arbeitsgruppe des IPCC. Für ihn seien die Pannen zwar "ärgerlich" und es habe auch zu lange gedauert, bis der Rat sie eingestanden habe. Aber es handele sich um "kleinere Fehler". Er betont: "Die Hauptaussagen des Berichts stehen nach wie vor robust da". Demnach ist der Mensch hauptverantwortlich für den Klimawandel, der große Risiken für den Planeten birgt. Edenhofer ist stellvertretender Direktor und Chefökonom des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung.

Hintergründe: Der Weltklimarat

Der Weltklimarat war 2007 mit dem Friedensnobelpreis geehrt worden, weil er den Klimawandel in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt hatte. Vorher fristete er lange ein Dasein als Gremium, das fast nur Wissenschaftlern bekannt war. Mit den Berichten von 2007 änderte sich das schlagartig: Der IPCC, der ein kleines Sekretariat in Genf unterhält, veröffentlichte drei Teilberichte über die drohende Klimakatastrophe, die die Öffentlichkeit aufwühlten.

Angela Merkel spricht beim Klimagipfel in Kopenhagen (Foto: AP)
Klimagipfel in KopenhagenBild: AP

Bei den Klimagipfeln 2007 in Bali und im Dezember 2009 in Kopenhagen dienten die IPCC-Berichte als Grundlage. Doch dann wurden darin fehlerhafte Prognosen über das Abschmelzen der Himalaja-Gletscher, die Bedrohung der Niederlande und den Wassermangel in Afrika entdeckt.

Für die Berichte des Weltklimarates tragen mehr als 2000 Experten aus Dutzenden Ländern ihre Erkenntnisse zusammen. Sie werden vom Büro des IPCC nach wissenschaftlicher Kompetenz ausgewählt, zumeist auf Vorschlag von Regierungen. Meinungsunterschiede sollen in den Berichten benannt werden.

Vor der Veröffentlichung werden die zentralen Aussagen mit Vertretern von Regierungen diskutiert. Das stößt auf Kritik, weil damit Politiker versuchen könnten, Einfluss auf die wissenschaftlichen Berichte zu nehmen. Der IPCC war 1988 vom UN-Umweltprogramm und der Weltorganisation für Meteorologie gegründet worden. Der Rat steht allen Mitgliedsländern dieser Organisationen offen. Der nächste Klimabericht soll 2013/2014 erscheinen.

Autorin: Anika Bever (dpa, afp, epd)
Redaktion: Ursula Kissel