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Mehr Nachfrage aus China: Afrika gehen die Esel aus

Jan Philipp Wilhelm
27. Februar 2018

Gelatine aus Eselhaut gilt in Chinas wachsender Mittelklasse als “Superfood“. Tausende Esel werden deshalb in Afrika geschlachtet. Eine Katastrophe für die Tiere und ihre Besitzer.

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China hungert nach Eselshaut
Bild: picture-alliance/dpa/S. Sobgo

Akasoma James lebt in Doba, einer kleinen Stadt im Norden Ghanas.Wie viele Menschen dort besitzt auch er mehrere Esel.  Die Tiere sind für ihn überlebenswichtig: Sie ziehen den Pflug auf seinen Feldern, dienen als Transportmittel und sind billiger als jedes Fahrzeug.

Doch seit einiger Zeit muss James um seine Tiere fürchten. In Ghana und vielen anderen afrikanischen Ländern ist die Nachfrage nach Eseln in den letzten Jahren explodiert - und die steigenden Preise rufen Diebe auf den Plan. Schon einmal seien ihm Esel gestohlen worden, berichtet James der Deutschen Welle: "Sie kamen in der Nacht und haben alle meine Tiere mitgenommen."

Der Grund für die hohe Nachfrage liegt allerdings nicht in Afrika, sondern in China. Dort erlebt ein traditionelles Heilmittel seit einigen Jahren eine regelrechte Renaissance: Ejiao wird von seinen Herstellern als Mittel gegen Hautalterung, Unfruchtbarkeit und Impotenz gepriesen. Die Hauptzutat von Ejiao: Gelatine, die durch das Auskochen von Eselhaut gewonnen wird.

Afrika als Eselliferant für China

Längst kann der heimische Eselbestand den Appetit der chinesischen Mittelklasse nicht mehr decken - auch weil die massenhafte Eselzucht aus biologischen Gründen sehr schwierig ist. Afrikanische Länder mit großen Eselpopulationen und intensiven Wirtschaftsbeziehungen nach China sind deshalb zu den wichtigsten Handelspartnern der Ejiao-Produzenten avanciert. 

Akasoma James mit einem seiner Esel auf dem Fel
Akasoma James hat Angst, dass ihm weitere Esel gestohlen werden könntenBild: Maxwell Suuk

Tatsächlich hätten viele afrikanische Eselbesitzer zunächst von der Nachfrage aus China profitiert, sagt Simon Pope von der britischen Tierschutzorganisation "The Donkey Sanctuary": "Die Preise schossen in die Höhe. Das war ein Anreiz für Eselbesitzer, Tiere zu verkaufen, die sie nicht brauchten." Doch seit niemand mehr verkaufen will, nehmen Fälle von Diebstahl und Wilderei zu. "Die Leute wachen morgens auf und erfahren, dass ihre Esel gestohlen, geschlachtet und gehäutet wurden", sagt Pope im Gespräch mit der DW. Unzählige Menschen würden so ihrer Lebensgrundlage beraubt.

Wie afrikanische Länder mit der Krise umgehen

Die unterschiedlichen Reaktionen afrikanischer Regierungen auf die Krise spiegeln das Dilemma der Eselbesitzer wieder. Tansania gehört zu den Ländern, in denen Esel nicht mehr geschlachtet werden dürfen. Auch der Eselexport ist verboten. Die Regierung wolle die Tiere so vor dem Aussterben bewahren, begründete Tansanias Landwirtschaftsminister den Schritt im Mai 2017.

Laut Untersuchungen von "The Donkey Sanctuary" funktioniert das Verbot weitestgehend. "Die Eselpreise sind in der Folge stark zurückgegangen", berichtet Simon Pope. Bauern und andere könnten sich Esel nun wieder leisten, auch Diebstähle gebe es inzwischen weniger.

Ein Mann sortiert einen Haufen von Eselhäuten
Der Verkauf von Eselhäuten ist lukrativBild: picture-alliance/dpa/S. Sobgo

Im Nachbarland Kenia hat sich die Regierung dagegen für einen anderen Weg entschieden. Dort dürfen Esel für den Export geschlachtet werden. Aktuell gibt es drei Schlachthöfe im Land. Wie viele Esel dort täglich getötet werden, ist nicht genau bekannt. Laut Medienberichten dürften es rund 500 sein. Zwar regt sich in der Bevölkerung Widerstand, aber Kritiker glauben, dass der Regierung die Arbeitsplätze und die Einnahmen durch Exportzölle wichtiger sind.

Schmuggel wird zum Problem

Dass Proteste allerdings durchaus ein Einlenken der Regierung bewirken können, zeigt das Beispiel Äthiopiens. Nur Wochen nach der Eröffnung eines chinesischen Schlachthofs im Frühjahr 2017 sahen sich die Behörden gezwungen, diesen wieder zu schließen. Der Widerstand der Bevölkerung vor Ort war zu groß. Doch Äthiopiens rund 7,4 Millionen Esel sind deshalb längst nicht gerettet. Simon Pope sagt, dass Kenias Schlachthöfe die Verbote in Äthiopien und den anderen Nachbarländern untergraben: "Die Betreiber der Schlachthöfe sagen selbst, dass die Esel mittlerweile auch aus anderen Ländern kommen - einfach, weil Esel in Kenia knapp werden."

In Ghana, der Heimat von Akasoma James, haben Eselbesitzer hingegen mit hausgemachten Problemen zu kämpfen. Zwar hat die Regierung  schon im Januar 2017 reagiert und den Handel mit Eselhäuten verboten. Doch Tierschützer klagen, dass das Verbot nur mangelhaft durchgesetzt werde. "Die Regierung ist immer bereit, sich als Vorreiter für eine Sache zu präsentieren", sagt Amasaba Aluizah, Koordinator bei Ghanas Gesellschaft für Tierschutz. Beim Thema Umsetzung sehe es dann aber eher mau aus.

Mit einer eindringlichen Warnung appelliert Simon Pope deshalb an die Regierungen in China und Afrika: "Es gibt ein sehr reales Risiko, dass es in einigen afrikanischen Ländern in vier oder fünf Jahren keine Esel mehr geben wird, wenn der Handel weitergeht wie bisher."

Die Rettung für Afrikas Grautiere könnte nun ausgerechnet aus China kommen. Angesichts des wachsenden Unmuts in Afrika will der führende Eselgelatine-Produzent, Dong'e E'jiao, nun verstärkt in neue Zuchtmethoden investieren. Bis 2020 will der Konzern seinen Bedarf durch eigens aufgezogene Esel decken. Für viele Esel und ihre Besitzer in Afrika könnte es dann allerdings schon zu spät sein.

Mitarbeit: Maxwell Suuk