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Mehr Weitblick mit neuem Wetterradar

Frank Hajasch13. September 2012

Um immer aktuell zu sein, arbeiten Meteorologen mit den modernsten Messsystemen. Wichtige Informationen liefern dabei sogenannte Wetterradare - von denen es allein in Deutschland 17 Stationen gibt.

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Radarbild über Schleswig-Holstein bei Schönwetterlage (Bild: Frank Hajasch/DW)
Bild: DW/F.Hajasch

Geht es um Wettervorhersagen, kommt kein Land an seinen nationalen Wetterdiensten vorbei. In Deutschland ist das der Deutsche Wetterdienst (DWD). Seine Zentrale steht in Offenbach, die Radarstationen sind bundesweit verteilt. Dabei unterscheidet sich ein Wetterradar deutlich von den kleineren, bekannten Messstationen: Während diese ihre Daten punktgenau erheben, misst ein Radar in der Fläche - mindestens in einem Umkreis von 150 km. "Je weiter so ein Radarstrahl geschickt wird, desto stärker macht sich aber die Erdkrümmung bemerkbar. Wir wollen ja nur in der bodennahen Atmosphäre messen. Deswegen stehen in Deutschland genau 17 Stationen, deren Werte dann ein nationales Kompositbild ergeben", erläutert Theo Mammen, Meteorologe beim DWD und Spezialist für Wetterradare.

Ausgewählte Standorte für die neue Generation der Wetterradar-SystemeAktuell richtet der DWD ein neues Messsystem im schleswig-holsteinischen Boostedt ein. Südöstlich von Neumünster, auf einer Bergkuppe steht dafür ein etwa 40 Meter hoher Stahlgittermast. Die Station befindet sich direkt unter der Radarantenne. Sie wird geschützt von einer golfballähnlichen Hülle, dem Radom. "Der Ort hier ist ideal für Norddeutschland", so der Meteorologe. "Das ist einer der höchsten Berge im eigentlich flachen Schleswig-Holstein. Und das Wetterradar muss eine quasi-optische Verbindung zu dem haben, was wir untersuchen wollen. Das ist vor allem der Niederschlag über dem größten Ballungsgebiet - über Hamburg."

Meteorologe Theo Mammen sitzt an einem Laptop, um die Radaranlage zu justieren (Bild: Frank Hajasch/DW)
Meteorologe Theo Mammen beim Justieren der RadaranlageBild: DW/F.Hajasch

Der Radarstrahl von Boostedt erreicht Hamburg in etwa 300 Metern Höhe. Er zeigt im Westen bis weit hinter Bremen, im Norden bis nach Flensburg und Sylt - und im Osten bis nach Rostock. Alle fünf Minuten wird die Atmosphäre nach Regen, Hagel oder heftigen Schneetreiben abgescannt. Die Werte erscheinen dann als bunte Punkte in Landkarten auf Monitoren. "Das Moderne an diesen Radarstationen ist die Form des Senders und die Arbeitsweise des Systems", erklärt Mammen. "Wir erfassen damit besonders gut die Hydrometeore, also alle möglichen Formen von kondensiertem Wasser in der Atmosphäre wie Hagel, Regen, Schnee oder auch Eiskörner."

Das Herz einer Radarstation: die Antenne im Radom

Die neue Technik ermöglicht eine bessere zeitliche und vor allem eine höhere räumliche Auflösung. Dass gute dreidimensionale Bilder entstehen können, verdanken die Meteorologen den neuartigen Radarantennen. Geschützt von einer golfballähnlichen Hülle haben sie Durchmesser von um die vier Meter. Sie lagern auf einem massiven etwa 2,50 m großen Antennenfuß, dessen Kopf ein riesiges Gelenk ist. "Der Vorteil dieser Spiegelgröße ist ein stark gebündelter Strahl. Entgegen vieler Ängste arbeiten wir aber mit einer relativ schwachen Leistung. Wir können dafür trotzdem weit senden - und auch ganz schwache Signale empfangen", so Mammen.

Im Normalbetrieb dreht sich der Radarschirm nahezu horizontal. Um aber das dreidimensionale Bild zu erhalten, erfolgt diese Bewegung in verschiedenen Höhenwinkeln. Die Ergebnisse landen dann auf den Rechnern in der Zentrale des DWD in Offenbach. Mit Hilfe des dreidimensionalen Bildes, erklärt der Meteorologe Mammen, sei es zum Beispiel möglich zu erkennen, wo die intensivsten Gebiete in einem Gewitter sind. "Das ist für die Luftfahrt extrem wichtig, um solche Gebiete zu umgehen."

Radarturm bei Boostedt (Bild: Frank Hajasch/DW)
Der neue Radarturm bei BoonstedtBild: DW/F.Hajasch

Internationaler Stand der Technik

Die neue Generation der Wetterradare wird zurzeit in ganz Europa eingeführt. Länder wie Frankreich und Schweden arbeiten bereits damit. Auch Dänemark hat schon zwei dieser Systeme. Der DWD erweitert und modernisiert seinen Radarverbund bis Ende 2012. Dann sind bundesweit alle 17 Standorte sowie das Qualitätssicherungsradar am Meteorologischen Observatorium Hohenpeißenberg in Bayern mit der neuesten Technik ausgestattet. "Das heißt: Europa rüstet auf! Und wir sind vorne mit dran", sagt Mammen.

Radardaten: Unverzichtbar für Katastrophenschutz und Wirtschaft

Die flächendeckenden Daten der Radarstationen wie in Boostedt sind nicht nur für den täglichen Wetterbericht von Privatpersonen wichtig. Der DWD ist eine der wichtigsten Stützen der Hochwasservorhersagezentralen in den Ländern. Die Werte sind unverzichtbar beim Katastrophenschutz. "Und sie sind Eckdaten für wasserwirtschaftliche Bauwerke wie Regenrückhaltebecken, Dämme, Deiche oder Stauseen“, so Mammen. "Außerdem sind da auch noch der Straßen- und Schienenverkehr, die Land- und Fortwirtschaft, die Energieversorger, Versicherungen und Bundeswehr. Wir kümmern uns einfach um die Frage: Wie viel Niederschlag fällt in welcher Zeit, in welcher Form, an welchem Ort?"