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Mehrheit fürchtet Atomkraft

21. April 2011

25 Jahre nach der Katastrophe von Tschernobyl halten fast zwei Drittel der Ukrainer die Kernenergie für gefährlich. Aber weniger als die Hälfte (41 Prozent) befürwortet den Ausstieg.

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Blick auf das AKW Tschernobyl (Foto: dpa)
Das AKW Tschernobyl heuteBild: picture alliance/dpa

60 Prozent der Ukrainer meinen, die Atomenergie sei gefährlich. Nur jeder Dritte (31 Prozent) hält die Kernkraft nicht für gefährlich. Trotzdem halten die meisten Ukrainer nukleare Katastrophen wie die derzeitige im japanischen Fukushima oder in Tschernobyl vor 25 Jahren für Ausnahmefälle, die sich nicht wiederholen würden. Dies ist das Ergebnis des aktuellen DW-Trends, den das Institut für wirtschaftliche und politische Analysen in Osteuropa (WPA) im Auftrag der Ukrainischen Redaktion der Deutschen Welle ermittelt hat. Die repräsentative Umfrage, bei der in der Ukraine 1.000 Personen interviewt wurden, hat im April 2011 stattgefunden.

Mehrheit hält an Atomenergie fest

41 Prozent der Befragten geben in dem DW-Trend an, ihre Meinung habe sich aufgrund der Atomunglücke verändert. Hiervon sprechen sich 23 Prozent für ein grundsätzliches Verbot der Kernenergie aus. Weitere 18 Prozent fordern Überlegungen zur Abschaltung von Atomkraftwerken. Somit erwägt bzw. befürwortet weniger als die Hälfte der Ukrainer einen Ausstieg aus der Kernenergie. 52 Prozent der Befragten haben ihre Meinung zu dem Thema nicht verändert. So äußern 44 Prozent die Ansicht, der GAU in Fukushima sei ein Ausnahmefall, der so nicht noch einmal vorkommen werde. Acht Prozent vertreten die Meinung, die Vorteile der Kernkraft seien ihnen wichtiger als potentielle Gefahren.

DW-Trend-Grafik zur Frage: Ist die Atomkraft gefährlich? (Grafik: DW)

25 Jahre nach Tschernobyl zeigt der DW-Trend, dass die Kernenergie in der Ukraine von einer knappen Mehrheit akzeptiert wird. Trotz eigener bitterer Erfahrungen teilen die Ukrainer nicht die Skepsis der Deutschen, die aktuellen Umfragen in Deutschland zufolge inzwischen mit großer Mehrheit einen möglichst schnellen Atomausstieg wollen.

Auffällig ist, dass in der Ukraine der Anteil der Ausstiegsbefürworter in der Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen mit 47 Prozent am höchsten ist. Groß ist mit 43 Prozent auch die Zahl der Atomkraftskeptiker bei den 50- bis 60-Jährigen, also jener Bevölkerungsgruppe, die zum Zeitpunkt des Reaktorunfalls in Tschernobyl 25 bis 35 Jahre alt war. Die Erfahrung von Tschernobyl hat diese Generation offenbar geprägt. Zugleich geht allerdings in dieser Altersgruppe mit 47 Prozent der größte Teil davon aus, dass Tschernobyl oder Fukushima Ereignisse seien, die sich nicht wiederholen würden.

Tschernobyl als Einschnitt

Kümmert sich die Ukraine ausreichend um die Opfer der Katastrophe von Tschernobyl? 25 Jahre danach sind die Ukrainer in ihrer Einschätzung gespalten. Fast die Hälfte der Befragten (43 Prozent) glaubt, die Ukraine kümmere sich ausreichend um die Opfer. Dem gegenüber steht jedoch rund ein Drittel der Befragten (37 Prozent), die der Meinung sind, dass die Ukraine nicht genügend unternehme. 20 Prozent der Befragten können sich hierzu keine Meinung bilden. Dieses Meinungsbild ist über alle Altersgruppen hinweg in etwa identisch. Dennoch wird deutlich, dass die über 50-Jährigen am skeptischsten sind, was die Hilfe für die Opfer angeht. Hier glauben 40 Prozent, dass die Ukraine nicht genügend für die Opfer sorge. 39 Prozent der Befragten sind der Meinung, die Ukraine leiste genügend. Auch hier zeigt sich wieder, dass das Unglück von Tschernobyl eine Generation geprägt hat.

DW-Trend-Grafik zur Frage: Hat die Ukraine die Folgen der Atomkatastrophe von Tschernobyl bewältigt? (Grafik: DW)

Dieser Befund bestätigt sich auch bei der Frage, ob die Ukraine inzwischen die Folgen der Reaktorkatastrophe bewältigt hat. Während fast zwei Drittel (63 Prozent) der 18- bis 29-Jährigen der Ansicht sind, das Land habe die Folgen überwunden, teilt bei den über 50-Jährigen nur etwa die Hälfte der Befragten (49 Prozent) diese Meinung. Insgesamt glauben 57 Prozent der Befragten, die Ukraine habe die Folgen bewältigt. 27 Prozent sind nicht dieser Ansicht. 16 Prozent können sich hierzu keine Meinung bilden. Insgesamt zeigt sich, Tschernobyl war ein Einschnitt, der sich in den Altersgruppen unterschiedlich widerspiegelt. In der jüngeren Generation spielt das Unglück heute in der Meinungsbildung eine geringere Rolle als bei der Generation, die es unmittelbar miterlebt hat.

Autoren: Bernd Johann / Kishor Sridhar
Redaktion: Markian Ostaptschuk