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Schlechte Werte

Daniel Scheschkewitz, Washington (chr)19. Oktober 2006

Rund achtzig Prozent der US-Bevölkerung sind besorgt, dass die Außenpolitik der Bush-Regierung negative Folgen für sie und das Land habe. Das ergab jetzt eine Studie in den USA. Die Mehrheit fühlt sich "unsicher".

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Hubschrauber über im Sand liegendem US-Soldaten
Seit der Invasion in den Golfstaat sind dort mindestens 2777 US-Soldaten gestorbenBild: AP

Die Welt ist für Amerikaner unsicherer geworden - dies ist die vorherrschende Meinung einer deutlichen Mehrheit von US-Bürgern, die sich nach einer repräsentativen Umfrage des parteiunabhängigen Meinungsforschungsinstituts "Public Agenda" über das geschwundene internationale Ansehen der USA Sorgen machen.

Weltweite Verschlechterung

Nach der im Monat September durchgeführten Untersuchung, bei der 1000 US-Bürger über 18 Jahren telefonisch befragt wurden, glauben mehr als 8 von 10 Amerikanern, dass sich die Situation für Amerika weltweit verschlechtert hat. Für die negative Entwicklung machen die US-Bürger den Irak-Krieg, die Bedrohung durch den Terrorismus, islamistische Tendenzen und die Abhängigkeit der USA von ausländischen Energie-Quellen verantwortlich.

"Arrogante" Macht

In einigen Bereichen sehen die Befragten offenbar auch einen kausalen Zusammenhang zwischen der Außenpolitik der Bush-Regierung und der gewachsenen Unsicherheit für Amerika. So äußerten 78 Prozent die Meinung, die USA erscheine dem Ausland als eine "arrogante" Macht. Und 87 Prozent waren der Meinung, die nationale Sicherheit der USA sei betroffen, wenn andere Länder eine negative Meinung von den USA und ihrer Kultur hätten.

Glaube an Demorkratien

George W. Bush am Rednerpult
Verfechter von Demokratie für alle: George W. BushBild: AP

Immerhin 52 Prozent der Befragten gaben an, dass Demokratien die Gefahr von bewaffneten Konflikten und terroristischer Gewalt reduzierten. Eine Position, die unter Präsident Bush in den letzten Jahren zu einer zentralen ideologischen Prämisse erhoben wurde. Noch mehr US-Bürger, nämlich 64 Prozent, sind nach der am Mittwoch (18.10.) veröffentlichten Studie jedoch nicht der Meinung, dass sich Demokratie von außen verordnen lasse.

Irak kostet die Regierung Sympathien

Gleich mehrere Fragen stellten die Demoskopen zum Irak. Dabei zeigt sich, dass ein Großteil der US-Bevölkerung zunehmend frustriert über die Entwicklung in diesem Lande ist. So glauben nur noch 20 Prozent aller US-Bürger, die USA könnten noch "viel" für den Aufbau der Demokratie im Irak tun. Nicht mal jeder dritte Amerikaner gab der eigenen Regierung eine gute Note für ihre Politik im Irak und in Afghanistan. Und auch für die Pflege der US-Beziehungen zu anderen moslemischen Nationen stellten die meisten Befragten der Bush-Regierung kein gutes Zeugnis aus.

Außenpolitik und Sicherheitsfragen rangieren nach Meinung von Michael O'Hanlon vom "Brookings Institute" momentan ganz oben auf der Interessen-Skala der US-Bevölkerung, ohne dass sich daraus aber bisher ein klarer Trend für eine der beiden Parteien ergäbe: "Das Vertrauen der amerikanischen Bevölkerung werden nur diejenigen gewinnen, die sie davon überzeugen, dass man sie im traditionellen Sinne auch wirklich beschützen kann", sagt O'Hanlon. Nur wer klare, eindeutige und überzeugende Pläne für den Einsatz der US-Truppen habe, gewinne dieses Vertrauen. Es reiche nicht gegen den Irak-Krieg zu sein, man müsse die Menschen davon überzeugen, dass man sich Tag und Nacht mit dem Thema Sicherheit beschäftige und das nicht nur aus wahltaktischem Kalkül.

Demokraten vorn

Am 7. November wird in den USA ein neues Parlament gewählt. Dabei liegen die oppositionellen US-Demokraten derzeit in den Meinungsumfragen vorn. In der Frage des umstrittenen Irak-Kriegs gibt es jedoch keine einheitliche Meinung in der Partei, während die Republikaner einen vorzeitigen Truppen-Abzug zumeist ablehnen.

Parallelen zu Vietnam

US-Helikopter landet unter schwerem Beschuss in Vietnam
Der Einsatz im Irak ruft Erinnerungen an den Vietnamkrieg wachBild: AP

Unterdessen hat US-Präsident George W. Bush erstmals Parallelen zwischen dem Vietnam- und dem Irakkrieg eingeräumt. In einem Interview von ABC News wurde Bush am Mittwoch gefragt, was er von der Meinung eines Kolumnisten der "New York Times" halte, wonach die anhaltende Gewalt der Aufständischen im Irak die "dschihadistische Entsprechung" der Tet-Offensive im Vietnam-Krieg 1968 sei. Bush antwortete darauf, der Journalist könne Recht haben. Es gebe sicherlich ein "erhöhtes Gewaltniveau" im Irak. Die von vietnamesichen Widerstandskämpfern im Januar 1968 gestartete Tet-Offensive auf Städte und US-Stützpunkte im ganzen Land führte damals zu einer massiven Intensivierung des Krieges. Zugleich gilt sie als Wendepunkt des Vietnamkriegs. Der damalige US-Präsident Lyndon B. Johnson stellte sich im gleichen Jahr nicht mehr seiner Wiederwahl. Sein Nachfolger wurde Richard Nixon.

Briten planen Truppenabzug

Die Lage im Irak könnte sich für die US-Amerikaner zusätzlich verschärfen, denn Großbritannien kündigte an, seine Truppen schrittweise abzuziehen. Premierminister Tony Blair sagte am Mittwoch in London, seine Regierung wolle die Soldaten nach und nach abziehen, wenn die irakischen Truppen die Sicherheitsaufgaben selbst erfüllen könnten. Es dürfe nicht die Gefahr bestehen, vom Helfer zum Hindernis zu werden. Blair sagte bei der wöchentlichen Fragestunde im Parlament, es sei wichtig, der irakischen Armee so bald wie möglich das Kommando zu übertragen. "Andernfalls sind wir eher eine Provokation als eine Hilfe für sie." Es wäre aber "katastrophal", sich aus dem Irak zurückzuziehen, solange die Arbeit dort nicht beendet sei, sagte der britische Regierungschef.