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Mein deutsch-marokkanisches Weihnachten

Das Gespräch führte Stephanie A. Hiller18. Dezember 2012

Erlebte Weihnachtsgeschichten: DW-Mitarbeiter aus alles Welt erzählen ihre persönlichen Geschichten zu Weihnachten. Heute von guten Traditionen und verbindendem Feiern.

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Weihnachtsbaumschmuck: Tannenzpfen am Baum (Photo:© Johanna Mühlbauer - Fotolia.com)
Bild: Johanna Mühlbauer/Fotolia

Tarek Anegay stammt aus Tanger, Marokko. Der 37-jährige Redakteur der arabischen Redaktion lebt seit 1997 in Deutschland. Er ist verheiratet und hat einen Sohn.

An meinem ersten deutschen Weihnachten waren wir bei meinen Schwiegereltern eingeladen. Mich hat damals fasziniert, wie der Weihnachtsbaum geschmückt wurde und wie alle Vorbereitungen ablaufen. Leider habe ich wenig gegessen, denn die Schwiegereltern wussten nicht, dass ich aus Marokko komme, also muslimisch erzogen bin und deshalb quasi alles esse außer Schweinefleisch. Und da war viel Schwein … Zum Glück gab es dann auch Gans, die mir aber am Anfang auch nicht wirklich geschmeckt hat. Was sich bei mir eingeprägt hat: Weihnachten ist zwar schön, aber was das Essen angeht, muss man vieles berücksichtigen.

Abgesehen vom Essen war es für mich jedoch eine sehr gute Erfahrung. Ich habe Germanistik studiert und viel über die deutsche Kultur gelernt, aber ich hatte nie Gelegenheit zu sehen, wie Deutsche zu Hause leben und feiern. Für mich war es dann wirklich faszinierend, wie das alles konkret aussieht. Es war für mich wie auf einer Exkursion.

Eine gute Tradition

Inzwischen trifft sich an Weihnachten die Familie meiner Frau bei uns und mein Sohn fragt die ganze Zeit, wann der Weihnachtsmann mit den Geschenken kommt, und ich muss mich daran halten, ihm nicht zu sagen, dass der Weihnachtsmann gar nicht existiert. Natürlich haben wir auch Adventskalender, sogar zwei. Einen Familienadventskalender für alle, der hängt in der Küche, und einen für unseren Sohn. Wenn ein Türchen aufgeht und es ein Spielzeug gibt, ist er glücklich. Außerdem besteht er auf einem Weihnachtsbaum und will Weihnachtsdekoration am Fenster sehen. Auch darf das Weihnachtsgebäck nicht fehlen, ich mag es, und mein Sohn mag es auch sehr gerne. Er besteht sogar darauf, beim Backen mitzumachen.

Weihnachtsgebäck mit Plätzchen und Zutaten (Photo: © scerpica)
Bild: scerpica - Fotolia.com

Zeit des Feierns

In Marokko feiern die Leute auch eine Art Weihnachten inklusive Weihnachtsmarkt. Man sieht viele Weihnachtsmänner mit Wattebärten, und in den Geschäften ist Weihnachtsdekoration mit künstlichem Schnee. Die Menschen in Marokko sind Europa sehr nah, verfolgen die europäischen Medien und finden diese Feierlichkeiten einfach schön. Wir feiern auch Neujahr. In der Regel kaufen wir immer eine Riesentorte, und dann kommt die Familie zusammen, trifft sich bei dem, der sich freiwillig als Gastgeber anbietet und feiert das Neue Jahr.

Deutschland und Marokko sind zwei verschiedene Kulturen, aber es geht den Menschen in erster Linie um das Feiern. Das Religiöse ist stark in den Hintergrund getreten. Die Leute wollen einfach nur miteinander feiern. Sie haben, genauso wie hier, einen stressigen Alltag, viel zu tun und kaum Möglichkeiten, sich zu treffen. Jeder wohnt arbeitsbedingt in einer anderen Stadt, und so freut man sich, einfach einmal ein paar Tage, Feiertage, miteinander zu verbringen, zu essen und sich stressfrei zu unterhalten. Das ist es, glaube ich, was die Menschen verschiedener Kulturen verbindet.