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Mein Kunst-Stück

Andrea Horakh, (spe)13. Februar 2007

Prominente Museumsfans aus aller Welt schildern ihre besondere Beziehung zu einem Werk in einer der Berliner Sammlungen. Ein Designer erklärt, warum ihm ein afrikanischer Thron im Ethnologischen Museum so viel bedeutend.

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Mark Kwami und der Königsthron Mandu Yenu
Mark Kwami und der Königsthron Mandu YenuBild: DW-TV

Mark Kwami ist halb in Afrika, halb in Deutschland zuhause. Das Ethnologische Museum in Berlin ist für den Designer ein Ort der Inspiration. Hier findet er afrikanische Kulturschätze, die ihm für seine eigene Arbeit Impulse geben. Der Königsthron Mandu Yenu gehört zu diesen wichtigen Werken - und ist in den Augen des Gestalters gleichzeitig ein durchaus provokantes Stück.

"Was mich provoziert, ist die Geschichte des Stuhls", erzählt Kwami. "In einer Geste, die auf Gleichberechtigung beruhte, wurde dieser Königsthron aus Kamerun Kaiser Wilhelm II als Geburtstagsgeschenk gegeben." Doch der deutsche Kaiser missverstand die Ehrerbietung und interpretierte sie als Unterwerfung.

Mein Kunststück Kultur.21 Mark Kwami
Bild: DW-TV

Der mit Tausenden von Perlen geschmückte Thron König Njoyas aus Bamum war ein Stuhl für ganz besondere Anlässe. Er hat eine Fußbank, damit der Stammesherrscher nicht den Boden berühren musste. Die deutschen Kolonialherren allerdings benutzten sie als simple Fußstütze, eine Geste, die ihre Missachtung der Bedeutung des Throns als Symbol für Reichtum und Macht des Königs beispielhaft ausdrückte.

In der Berliner Sammlung entdeckt Mark Kwami die Kunst seines Kontinents wieder. "Das Ethnologische Museum ist für mich einerseits Zufluchtsort, andererseits auch Entdeckungsstätte. Das Traurige ist, dass sich in Deutschland und in anderen europäischen Ländern viele Kulturschätze aus Afrika finden, die es in den Ursprungsländern selbst gar nicht mehr zu sehen gibt", erklärt der Designer.

Neben den Naturpigmenten mit ihren vielen Braun- oder Ockertönen habe es in der traditionellen Kunst selten richtige Farbenpracht gegeben, sagt Kwami. "Dieses Knallbunte gab es nicht. Das war der Grund, warum diese Perlen so bewundert wurden und als Zahlungsmittel galten."

Mark Kwami arbeitet inzwischen als Designberater in Westafrika. "Durch die Kolonialzeit ist der Markt einfach für traditionelles Kunsthandwerk verloren gegangen. Die Afrikaner leben mit importierten Sachen. Der einzige Markt, der übrig blieb, war ein Touristenmarkt. Und dadurch ist natürlich auch die Qualität der Produkte gesunken." In einer traditionsbewussten Gegenbewegung gründete der Designer deshalb sein eigenes Label "Made in Africa".

Afrikanisches Fürstentum und deutsche Kolonialherren
Macht gegen WürdeBild: DW-TV

"Wir kehren die Medaille um und versuchen hier in Europa das Bewusstsein für afrikanische Produkte zu schaffen. Meistens mache ich einen Schritt rückwärts mit den Produzenten und sage, mich interessieren nicht die Sachen, die ihr jetzt macht, sondern mich interessieren vielmehr die Sachen, die ihr früher gemacht habt. Hier, das ist eure Vergangenheit, lasst uns jetzt versuchen, hier einen Bogen zu schlagen und was Neues daraus zu machen."

Der Thron König Njoyas symbolisiert mit seinen Schlangen und zwillingshaften Fabelwesen ebenfalls Erinnerung an Vergangenes. Für Mark Kwami ist er bis heute ein Symbol für afrikanischen Stolz - und für den Anspruch auf Gleichberechtigung: "Man ist es immer noch gewohnt in Europa, einen bestimmten Blick auf Afrika zu haben, als einen der letzten exotischen Flecken auf der Erde. Man gönnt es Afrika nicht, dass es sich sozusagen verändert und moderner wird." Wenn er sein Lieblingskunstwerk betrachtet, ist der Designer sich sicher, dass die Verbindung von Tradition und Moderne auch im afrikanischen Kontext möglich ist.