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Meininger Theater - Impulsgeber für Europa

31. Juli 2006

In Meiningen hat Theater Tradition. Vor 175 Jahren hob sich dort der erste Vorhang - und für einige Jahrzehnte wurde die Spielstätte in Thüringen zum Vorbild für Theater in ganz Europa.

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Meiningen: Letzter klassizistischer Theaterbau in DeutschlandBild: PA/dpa

Bereits im 18. Jahrhundert begeisterten sich Meininger Herzöge für Theater. Zunächst veranstalteten sie jede Menge Laienaufführungen. Das dann vor 175 Jahren - am 17. Dezember 1831 - feierlich eröffnete Hoftheater bekam jedoch erst 1860 ein eigenes Ensemble in den Sparten Schauspiel und zunächst auch Oper.

Der Aufstieg zum europaweit prägenden Theater war eng mit dem Namen von Herzog Georg II. von Sachsen-Meiningen verbunden. Der "Theaterherzog" übernahm 1866 die Regierungsgeschäfte und zugleich die künstlerische Leitung am Theater. Er konzentrierte alle Kräfte des Hauses auf das Schauspiel und die ernsthafte Regiearbeit. Dazu wurden die Dramen der Klassiker wie Shakespeare, Schiller, Ibsen oder Kleist werkgetreu in einem dem historischen Original möglichst nahe kommenden Ambiente inszeniert.

"Tod durch Erfolg"

Georg II. hatte stets eine Art "Botschaftstheater" im Sinn. "Dem Volk zur Freude und Erhebung" - die Formel am Giebel nahm er wörtlich. Zur Legende wurden die Meininger Gastspiele in aller Welt. "Der sensationelle Erfolg 1874 mit Shakespeares Julius Caesar in Berlin machte ihn und das Meininger Theater berühmt", berichtet Volker Kern, Leiter des Theatermuseums in Meiningen. Von 1874 bis 1890 reiste das Hoftheater mitsamt Bühnenbildern, Requisiten und Kostümen per Bahn durch ganz Europa.

Von London bis Kiew war die Truppe bekannt. Fast immer spielten die Meininger vor ausverkauften Häusern und präsentierten dabei bis zu zehn verschiedene Stücke pro Reise. 81 mehrwöchige Reisen mit rund 2600 Aufführungen kamen zusammen. Theodor Fontane prägte unter dem Eindruck dieser Aufführungen den Begriff "Die Meininger". Doch warum kam 1890 das Ende? Kern zitiert den ehemaligen Leiter des Deutschen Theaters Berlin, Otto Brahm (1856-1912): "Die Meininger starben am Erfolge." Und: "Die deutschen Bühnen hatten gelernt, was sie zu lernen hatten."

Einbruch durch Wiedervereinigung

Am 5. März 1908 brannte das Theatergebäude bis auf die Grundmauern nieder. Doch bereits am 17. Dezember 1909 wurde der heutige Theaterbau an gleicher Stelle wieder eröffnet. Der Tod des Theaterherzogs 1914 bedeutete eine Zäsur für die Bühne. Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm das Meininger Theater als eine der ersten deutschen Bühnen den Spielbetrieb wieder auf. Neben Berlin galt es seit Mitte der 1950er Jahre als die Brecht-Spielstätte der DDR.

Ring der Nibelungen in Meiningen
'Ring der Nibelungen' in MeiningenBild: AP

Die Wiedervereinigung brachte Einbrüche bei den Zuschauerzahlen. Intendant Ulrich Burkhardt gelang es aber bald, Publikum aus Hessen und Bayern nach Südthüringen zu locken. Nicht zuletzt mit der Musical-Schiene führte er das Haus zu Besucherrekorden. Nachfolgerin Christine Mielitz machte mit einer viertägigen Aufführung von Richard Wagners Bühnenfestspiel "Der Ring des Nibelungen" europaweit von sich reden.

Neue Akzente

Nach einem Zuschauerschwund in den vergangenen Jahren will der seit 2005 neue Intendant Ansgar Haag mit Klassikern wie Goethe und Shakespeare andere Akzente setzen. "Mir ist klar, was für eine Theatergeschichte hier geschrieben wurde", sagt er. Schon für das Selbstbewusstsein des Hauses sei es ganz entscheidend, mit diesem Pfund zu wuchern.

"Wir wollen, dass die Klassiker frisch bleiben", sagt Haag. "Lebendig" müssten die Stücke sein, um auch eine Wirkung erzielen zu können. Es sei an der Zeit, den durchaus umstrittenen Begriff Regietheater, das der Deutung eines vorhandenen Werkes durch den Regisseur größere Aufmerksamkeit zugesteht als dem Werk selbst, ins rechte Licht zu rücken. Meiningen sei dafür ein hervorragender Ort. (wga)