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Meinung aus dem Mittelstand

9. Juni 2009

Täglich kommen neue Anträge von Unternehmen beim Wirtschaftsfonds an - auch aus dem Mittelstand. Bei der mittelständischen Firma Kocks hält man allerdings wenig von staatlichen Eingriffen.

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Rohrwalzwerke der Firma Kocks (Quelle: Kocks GmbH)
Rohrwalzwerke der Firma Kocks sind weltweit gefragtBild: KOCKS GMBH
Opelschild mit Ampelmännchen
Staat rettet Opel vor InsolvenzBild: AP

Hypo Real Estate, Commerzbank, Opel, möglicherweise Arcandor, all diese Firmen und andere mehr bekamen schon Staatshilfe oder werden sie erhalten. Noch vor wenigen Monaten hätte niemand gedacht, dass der Staat so sehr in marktwirtschaftliches Geschehen eingreifen muss. Aber "muss" er das wirklich? Bei der mittelständischen Firma Kocks hält man nicht viel von solchen staatlichen Rettungsaktionen.

Die letzten drei Jahre waren Boomjahre, sagt Ali Bindernagel, Geschäftsführer der Firma Kocks in Hilden. Das mittelständische Unternehmen baut Walzanlagen für Stabstahl, Draht und nahtlose Rohre und ist auf den Märkten in Europa, Amerika und Asien sehr erfolgreich. Die gegenwärtige Krise hat den Boom aber erst einmal gestoppt. Trotzdem ist Ali Bindernagel zuversichtlich, denn die Firma hat sich ein gutes Polster erarbeitet. Gewinne wurden nicht gleich abgeschöpft wie das bei börsennotierten Firmen häufig der Fall ist. So konnte das Unternehmen dieses Jahr erneut qualifizierte Ingenieure einstellen.

Abwrackprämie verfälscht Schrottpreise

Die Firma Kocks braucht also keine Staatshilfen. Und selbst wenn sie welche bekäme, ist Ali Bindernagel skeptisch und würde sie eher nicht annehmen. Er ist der Meinung, dass Staatshilfen im Endeffekt keine positivere wirtschaftliche Lage schaffen können. So würde beispielsweise in der Autobranche die Abwrackprämie das Auftragsloch nur verschieben, sagt Ali Bindernagel. Damit würden die Probleme der Autoindustrie lediglich auf einen späteren Zeitpunkt verlegt.

Kran nimmt Metall-Schrott auf (Quelle: DW)
Abwrackprämie hat Schrottpreise zu Fall gebrachtBild: DW-TV

Außerdem habe die Abwrackprämie auch unerwünschte Nebenwirkungen. So der Verfall der Schrottpreise. Nur sind die nicht durch Marktprozesse, sondern durch das Eingreifen des Staates gesunken. Da Wirtschaft immer auch etwas mit Psychologie zu tun hat, könnte der Verfall des Schrottpreises als ein Signal gewertet werden, das es auf den Stahlmärkten generell Probleme gebe, selbst wenn Firmen nach wie vor gut aufgestellt sind, wie die Firma Kocks.

Wenn der Staat schon Hilfen bereitstellt, solle er das noch mehr im Bildungsbereich tun. Deutschland habe nur seine Intelligenz und sein Know-how, meint Ali Bindernagel. Hervorragend ausgebildete Mitarbeiter seien unverzichtbar, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Weniger Bürokratie und eine Steuerreform würden dem Standort Deutschland darüber hinaus nach wie vor gut tun. Vor allem die Grenzsteuerbelastung sorgt oft dafür, dass Gehaltserhöhungen verpuffen, was ein Nachteil ist, wenn man gute Mitarbeiter auch in Deutschland halten will.

Wirtschaft und Politik werden derzeit vermischt

Plakat "Es geht um 56.000 Arbeitsplätze"
Auch Karstadt hat den Staat um Hilfe gebetenBild: AP

Für Birger Heuser, Geschäftsführer der Heuser GmbH in Haan bei Düsseldorf, findet derzeit vor allem aus wahltaktischen Gründen eine Vermischung von Wirtschaft und Politik statt. Wirtschaftliche Probleme möchte man mit politischen Entscheidungen lösen. Das ist öffentlich wirksam, insbesondere wenn es um des Deutschen liebstes Kind, das Auto, geht. Mit Staatshilfen, so Birger Heuser, werden aber die Managementfehler über die Steuern der Bürger korrigiert. Sie setzen vor allem den Wettbewerb außer Kraft oder verlängern künstlich die Lebenszyklen von Produkten.

Zum Jammern gibt es aber auch bei der Firma Heuser keinen Anlass, wenngleich sich der Anlagenbau und die Blechverarbeitung, in der Heuser tätig ist, in einer schwierigen Phase befinden. Derzeit gibt es aber positive Anzeichen. Die Sparte Medizintechnik der Heuser GmbH, unter anderem mit Bestrahlungsgeräten, ist relativ konjunkturunabhängig; sie ist von der Krise kaum betroffen.

Autor: Klaus Peter Weinert

Redakteurin: Insa Wrede