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Meister der Moderne

Stefanie Zobl

Ludwig Mies van der Rohe war einer der wegweisendsten Architekten des 20. Jahrhunderts. In seinem letzten, noch zu Lebzeiten realisierten Bauwerk kommen die MoMA-Bilder jetzt voll zur Geltung.

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Der Architekt und Designer Ludwig Mies van der RoheBild: AP

Auf einem massiven Granitsockel schwebt die Neue Nationalgalerie scheinbar über der Potsdamer Straße in Berlin. Der durchscheinende, quadratische Pavillon aus Glas und Stahl war das letzte, noch zu Lebzeiten verwirklichte Projekt des herausragenden Architekten und Designers Ludwig Mies van der Rohe. Zur Zeit ihrer Fertigstellung 1968 war die Neue Nationalgalerie die größte freitragende Stahlkonstruktion in Europa. Mit diesem einzigartigen Entwurf setzte Mies van der Rohe seine Idealvorstellung von Baukunst um.

1886 in Aachen geboren, ging Ludwig Mies van der Rohe im Alter von 19 Jahren nach Berlin. Dort arbeitete er erst in verschiedenen Architektenbüros, bevor er sich 1912 selbständig machte. Die "Roaring Twenties" waren ein geschäftiges Jahrzehnt für den jungen Künstler: Mit dem Glashochhaus am Bahnhof Friedrichstraße in Berlin schuf er die so genannte Haut-und-Knochen-Architektur. Er war Mitbegründer der avantgardistischen Architektengruppe "Der Ring", leitete die Werkbundausstellung "Die Wohnung" in Stuttgart und baute den deutschen Pavillon für die Weltausstellung 1929 in Barcelona.

"Less is more" als Leitmotiv

In den 1920er Jahren entwickelte Mies van der Rohe auch das Leitmotiv seiner Arbeit, das er Zeit seines Lebens verfolgte: Große Räume, die zu allen Seiten frei und offen sind und deren Begrenzung gegenüber ihrem Umfeld beinahe aufgehoben ist. Seine Entwürfe waren geprägt von klaren Formen und dem Einsatz von Glas, Stahl und Beton. Von ihm stammt der berühmte Spruch "Less is more" ("Weniger ist mehr"), der als 'Bonmot' Eingang in die Umgangssprache fand, und für den architektonischen Stil Mitte des 20. Jahrhunderts steht.

Einen ersten Höhepunkt seiner außergewöhnlichen Karriere erreichte Mies van der Rohe, als Walter Gropius ihn 1930 zum Direktor des Bauhauses ernannte, das er bis zur Schließung 1933 leitete. Unter den Nationalsozialisten stagnierte Mies van der Rohes Arbeit. Er emigrierte 1938 in die USA und ließ sich in Chicago nieder, wo er die Leitung der Architektur-Abteilung am Illinois Institute of Technology übernahm.

Zu diesem Zeitpunkt hatte Mies van der Rohe bereits drei erfolgreiche Jahrzehnte intellektueller und praktischer Arbeit als Architekt hinter sich. Und doch stand ihm ein großer, der internationale Teil seiner Karriere noch bevor. Er entwarf unter anderem die Appartementtürme am Lake Shore Drive in Chicago, das Seagram-Building in New York und das Chicago Federal Center. Seine Arbeiten lieferten die Grundlage für den Bau von Wolkenkratzern mit gläserner Fassade.

MoMa Neue Nationalgalerie 2 Mies 2
Bild: AP

Ludwig Mies van der Rohe erreichte in seinem Leben alles Erdenkliche. Und doch muß es für ihn wie die Erfüllung eines Traums gewesen sein, als ihm der damalige Berliner Senator für Bau und Wohnungswesen, Rolf Schwedler, 1963 das Angebot machte, ein Haus für die "Galerie des 20. Jahrhunderts und Kunstausstellungen" zu entwerfen. Mies van der Rohe hatte zwar in den zwanziger Jahren Villen für Kunstsammler gebaut, aber während seiner Laufbahn nie eigenständig einen Museumsbau realisieren können.

Wenn es nach MoMA-Gründungsdirektor Alfred H. Barr gegangen wäre, hätte Mies van der Rohe schon das MoMA-Gebäude in New York entworfen. Dazu kam es leider nicht, diese Verknüpfung prädestiniert die Neuen Nationalgalerie aber geradezu zum idealen Ausstellungsort für die MoMA-Bilder.

Eröffnung der Neuen Nationalgalerie war am 15. September 1968 mit Werken von Piet Mondrian. Ein knappes Jahr später, am 17. August 1969, starb Ludwig Mies van der Rohe in Chicago. Das MoMA in New York verwaltet seinen Nachlass.