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Meister der musikalischen Pinselstriche

Maria Santacecilia/ suc 21. August 2012

Claude Debussy war der Malerei und Literatur seiner Zeit sehr verbunden. Doch trotz unterschiedlichster Einflüsse klingt seine Musik unverwechselbar französisch und hat bis heute nichts von ihrer Raffinesse eingebüßt.

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Zeitgenössische Aufnahme des französischen Komponisten Claude Debussy. foto: dpa
Claude DebussyBild: picture-alliance/dpa

Jugendliche kennen den Namen "Debussy" heutzutage vor allem, weil seine Komposition "Clair de lune" in dem beliebten Vampirstreifen "Twilight" zur Titelmusik avancierte. Aber nur wenige ahnen, dass viele Stücke aus der Feder des französischen Komponisten Stimmungen und Bilder heraufbeschwören, die mit denen des berühmten Hollywoodfilms viel gemeinsam haben.

Claude Debussy erblickte am 22. August 1862 in Saint-Germain-en-Laye, 20 Kilometer westlich von Paris, das Licht der Welt. Er fühlte sich stark zur Malerei und Bildkunst hingezogen und hätte sich bestimmt in der Rolle eines Filmkomponisten gefallen. Unter seinen Freunden fanden sich Maler und Dichter, die sich dem Impressionismus und dem Symbolismus verschrieben hatten, und wie sie entwickelte auch Debussy ein großes Interesse am Unbestimmten und Mysteriösen.

Das Okkulte faszinierte ihn ganz besonders, und inspiriert von Edgar Allan Poes düsteren Werken "Der Teufel im Glockenstuhl" und "Der Fall des Hauses Usher" spielte er mit dem Gedanken, ein "Theater des Grauens" zu entwerfen. Er hinterließ für beide Stücke unvollendete Musikfragmente, die gelegentlich aufgeführt werden.

Die düstere Oper "Pelléas und Mélisande"

Als Debussys Meisterwerk gilt die Oper "Pelléas et Mélisande". Der britische Musikwissenschaftler Langham Smith, Co-Autor des "Cambridge Opernhandbuch" und Herausgeber der "Debussy-Studien", beschrieb die Oper einmal als eine sehr radikale Geschichte: "Es ist eine typische Dreiecksbeziehung, aber es geht vor allem um das Schicksal, Willenskraft und Vorhersehung. Die Ideen des deutschen Philosophen Arthur Schopenhauer fließen ein, in wie weit man sein Schicksal selbst in die Hand nehmen kann", resümiert er. "Es geht um das Missbrauchopfer Mélisande, es geht um Eifersucht, aber auch um Liebe. Die Liebe, die Mélisande erfährt, ist allerdings nicht sexueller Art, sondern geht auf gewisse Weise viel tiefer."

Szene: "Pelleas et Melisande" Foto: Eduard Straub
Debussy Oper "Pelleas et Melisande" ist mittlerweile als Meisterwerk anerkanntBild: Eduard Straub

Die Uraufführung von "Pelléas et Mélisande" war seinerzeit ein Affront. "Die Leute sagten, es sei eine Oper ohne Gesang, weil es keine Melodien und Arien gab, an die man sich eindeutig erinnern konnte", erklärte Langham Smith. "Sie war anders als zum Beispiel Opern von Massenet and Gounod mit ihren Sopranarien, an die das Publikum gewöhnt war und die es liebte. Und dann kam plötzlich diese düstere Oper daher." Debussy-Experte Langham Smith rekonstruierte auch dessen Oper "Rodrigo und Chimene" für eine Aufführung in Lyon im Jahr 1993.

Sonnenaufgang oder Sonnenuntergang?

Als Debussy am Anfang seiner Karriere stand, drehte sich in Musikkreisen alles um Richard Wagner. Auch Debussy fuhr nach Bayreuth, distanzierte sich aber später von dem Komponisten und bezeichnete dessen Musik als "einen irrtümlich als Sonnenaufgang verstandenen Sonnenuntergang".

Trotz der kritischen Worte bediente sich Debussy in seiner Oper "Pelléas und Melisánde" wagnerischer Kompositionstechniken; er benutzte zum Beispiel wiederkehrende musikalische Motive für bestimmte Charaktere.

Richard Wagner / Stahlstich von Froer Wagner,
Debussy hielt Wagner für überschätztBild: picture-alliance/akg-images

Die Ablehnung deutscher Musik ging bei Debussy aber noch weiter. So nannte er Beethoven "den alten Tauben" und bezeichnete Schuberts Lieder als "gepresste Blumen in der Schublade". Langham Smith vermutet dahinter politische Gründe: "Er wurde im Alter kurz vor und natürlich während des I. Weltkriegs zunehmend nationalistisch, wenn er betonen wollte, wie französisch er war."

 Franzose mit globaler Weitsicht 

150 Jahre nach seiner Geburt klingt Claude Debussys Musik frisch wie eh und je. Sein unnachahmlicher Stil glänzt vor allem in Pianostücken wie "Estampes", Préludes", "Images" and "Études" und einigen Orchesterwerken. Der Komponist und Dirigent Pierre Boulez bezeichnete Debussys "Prélude à l'après-midi d'un faune" ( Vorspiel zum Nachmittag eines Fauns) einmal als "den Beginn der Musik des 20. Jahrhunderts".

Debussy war an der griechischen Antike ebenso interessiert wie an asiatischer Kultur und er begeisterte sich für alles Spanische, ohne das Land je besucht zu haben. Er bewunderte den russischen Komponisten Modest Mussorgsky, vor allem dessen Liederzyklus "Kinderstube", und schrieb selbst einige Werke für die Kleinen, so  wie "Children's Corner" and "La boîte a joujoux".

Denkmal von Debüssy Nicolas Denis - Fotolia 2010
In Stein gemeiselt: DebussyBild: Fotolia/Nicolas Denis

Trotz all dieser Einflüsse ist Debussys Musik unverwechselbar französisch geblieben. "Der junge und der alte Debussy sind Lichtjahre voneinander entfernt", befand Langham Smith. "Aber man kann einen Pfad in der Entwicklung erkennen, und dieser Pfad wurde vor allem von der Literatur beeinflusst."