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Mekong zwischen Nutzung und Schutz

Karen Fischer20. März 2006

Auf dem Weltwasserforum in Mexiko-Stadt geht es darum, wie die wichtigste Ressource gemanaged werden kann. Wie zum Beispiel die Zusammenarbeit der Mekong-Anrainerstaaten. Der Fluss ist die Lebensader von sechs Ländern.

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Sonnenaufgang am Mekong nähe Phnom Penh, KambodschaBild: AP

Zwischen 4000 und 5000 Kilometer ist er lang. Die Angaben variieren, denn niemals ist eindeutig festgelegt worden, wo genau der Mekong entspringt. Denn eine eindeutige Quelle gibt es nicht, der größte Fluss im kontinentalen Südostasien entsteht durch den Zusammenfluss mehrerer Ströme in der tibetischen Hochebene. Sein langer Weg zum Meer führt den Mekong danach durch China, Myanmar, Thailand, Laos, Kambodscha und Vietnam. Viele Länder - viele Interessen.

Tailändische Fischer fangen ein fast 300 Kilogramm schweren Fisch namens Riesenwels
Thailändische Fischer fangen einen fast 300 Kilogramm schweren Fisch namens Riesenwels Mekong bei Chiang Khong (2005)Bild: AP

Der Mekong gehört zu den fischreichsten Regionen weltweit, überflügelt nur vom Amazonas-Gebiet, und bietet den 60 Millionen Menschen, die an seinen Ufern wohnen, eine unerschöpfliche Nahrungsquelle. Auf seinem langen Weg vom tibetischen Bergland bis zum Delta in Vietnam besticht der Mekong durch seine Ursprünglichkeit. Es ist einer der letzten großen Flüsse der Welt, die immer noch weitgehend naturbelassen sind. Die Artenvielfalt ist noch intakt und auch das ganze Öko-System, weil es bisher noch wenig Bau-Maßnahmen am Fluss gab

Die Betonung liegt auf noch. Denn in den nächsten zwei Jahrzehnten könnte sich diese Unberührtheit schnell ändern. Das Stichwort heißt Staudamm-Bau. Und vor allem die Chinesen sind schon kräftig an der Arbeit. "Es werden immer mehr Dämme und Fluss-Umleitungs-Projekte gebaut. Die Chinesen errichten eine Serie von acht Staudämmen am Oberlauf des Mekong", sagt Aviva Imhoff, Südost-Asien Expertin vom International River Network. "Zwei sind schon fertig, und wir beobachten allmählich die Folgen davon am Unterlauf."

Den natürlichen Hochwasser-Zyklus unterbrechen

Teilweise berichten Fischer schon jetzt von geringeren Fang-Quoten, denn die Dämme in China behindern die Fische auf ihren Wanderungen. Doch die Mekong-Anrainerstaaten gehören zu den ärmsten in Asien - und Wasserkraftwerke könnten zum Beispiel das Energie-Problem lösen. Vor allem Laos zeigt großes Interesse daran, es im Staudamm-Bau China nachzumachen. Die Länder am Unterlauf des Flusses sehen das hingegen ungern. Sie befürchten, dass die Dämme ihnen das Wasser abgraben könnten, und zusätzlich noch den natürlichen Zyklus von Hoch- und Niedrigwasser zwischen Regen- und Trockenzeit außer Kraft setzen. Das wiederum hätte zur Folge, dass die fruchtbaren Ufer weggeschwemmt werden, an denen in der Trockenzeit bei Niedrigwasser Landwirtschaft betrieben wird.

UNESCO-Naturerbestätte: Sanjiang Region in China
Der Nationalpark der "Drei parallel verlaufenden Flüsse" im Nordwesten der chinesischen Provinz Yunnan. Die Unesco hat ihn als Naturstätte in die Liste des Welterbes aufgenommen. Das 1,7 Millionen Hektar große Gebiet umfasst die Flüsse Jangtse, Mekong und Salween. Sie fließen durch bis zu 3000 Meter tiefe Schluchten, die von 6000 Meter hohen Bergen umgeben sind.Bild: dpa

Hier ist die Mekong River Commission gefragt. Als transnationale Institution soll sie die Interessen ihrer vier Mitgliedsländer ausgleichen, das sind Thailand, Laos, Kambodscha und Vietnam. Und dabei auch noch die richtige Balance finden zwischen der industriellen Nutzung des Flusses und dem Schutz des Öko-Systems. Wolfgang Schiefer arbeitet beim Sekretariat der Mekong River Commission in der laotischen Hauptstadt Vientiane: "Der Grundlagenvertrag, den wir haben, hat genau diese beiden Elemente eingebaut." Vor allem nachhaltig soll gewirtschaftet werden. "Nachhaltig beinhaltet die ökologische Komponente", sagt Schiefer. "Entwicklung aber, dass natürlich Wasserressourcen hier in diesem Entwicklungszusammenhang einen großen Vorteil geben und die Länder aus der Armut heben können, in der sie sich befinden."

Schon seit 1957 arbeiten die Länder zusammen, zunächst unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen. Die jetzige Form der Mekong River Commission gibt es erst seit 1995. Das Problem dabei: China und Myanmar, die beiden Länder also, durch die der Oberlauf des Mekong fließt, sind keine Mitglieder. Immerhin: Seit 2002 ist China Dialog-Partner der Mekong River Commission. "Die Chinesen sind mehr und mehr offen, die Länder im Unterlauf zu informieren über die Projekte, die am Oberlauf stattfinden", sagt Schiefer. "Zum zweiten haben wir konkrete Kooperationen zum Datenaustausch über den Fluss. Das ist ein Projekt, das wir gemeinsam mit China und Myanmar unternommen haben."

Widerspruch wird nicht geduldet

Auch wenn die Regierungen der Mekong-Länder über die Institution der Fluss-Kommission miteinander reden: Die Menschen, die am Fluss leben, haben bisher kaum eine Stimme. Der Grund liegt auch im politischen System der Mekong-Länder, so Aviva Imhoff vom International Rivers Network: "Das große Problem ist, dass einige der repressivsten und undemokratischsten Länder der Welt den Mekong verwalten. Diese Staaten dulden keinen Widerspruch von den Bürgern, und das macht es so schwierig für die Menschen zu sagen, was ihnen auf dem Herzen liegt."

Dabei sind sie es, die die Folgen von Großprojekten wie Staudämmen als erste zu spüren bekommen. Noch ist der natürliche Jahres-Zyklus am Mekong zwar weitgehend intakt. Noch spüren die Menschen nur kleine Veränderungen in der Natur. Doch viele der großen Staudamm- und Wasserkraft-Projekte sind erst in der Planungs- beziehungsweise Bauphase. Also werden die nächsten zwei Jahrzehnte entscheiden, wie es weitergeht mit dem Mekong und den Menschen, die an und von ihm leben. Eins ist jetzt schon klar: Den weitgehend unberührten Fluss von heute - den wird es dann nicht mehr geben.