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Merkel für ein Recht auf Beschneidung

16. Juli 2012

Manche halten es für eine strafwürdige Körperverletzung, andere für eine Selbstverständlichkeit in der Ausübung jüdischen oder muslimischen Glaubens: die Beschneidung von Jungen. Die Debatte darüber geht weiter.

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ARCHIVBILD Beschneidungen Foto: dpa
Symbolbild BeschneidungBild: picture-alliance/dpa

Im Streit um die Beschneidungspraktiken sucht die Bundesregierung weiter nach einer Lösung. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) setzte sich einem Zeitungsbericht zufolge mit Nachdruck für ein Recht auf Beschneidung ein. Im CDU-Bundesvorstand sagte die Parteichefin am Montag nach Informationen der "Financial Times Deutschland", sie wolle nicht, dass Deutschland das einzige Land auf der Welt sei, in dem Juden ihre Riten nicht ausüben könnten.

Suche nach Rechtssicherheit

Regierungssprecher Steffen Seibert betonte erneut, die Bundesregierung arbeite nach dem umstrittenen Urteil des Landgerichtes Köln auf eine zügige Lösung hin. In Deutschland sei man seit Jahrhunderten zu dem Schluss gekommen, dass die Beschneidung von Jungen ein akzeptabler Eingriff sei, sagte Seibert. Am Freitag hatte die Bundesregierung angekündigt, eine gesetzliche Regelung zu schaffen, um Rechtsunsicherheit abzubauen und den religiösen Ritus, der auch hierzulande an der Tagesordnung ist, weiter zu ermöglichen.

Eine Sprecherin von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) ergänzte, eine Lösung dürfe nicht auf die lange Bank geschoben werden. Dennoch lasse sich noch kein Zeitplan festlegen. Es gehe um die Abwägung dreier Grundrechte: der körperlichen Unversehrtheit des Kindes, der Elternrechte und der Religionsfreiheit. Zuvor hatte Leutheusser-Schnarrenberger im Bayerischen Rundfunk erklärt, derzeit werde eine gesetzliche Klarstellung im Familienrecht, beim Sorgerecht oder im Patientenrechtegesetz geprüft.

Berlin/ Die Bundesministerin fuer Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Kristina Schroeder (CDU, l.), und Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). Foto: Berthold Stadler/dapd
Suche nach einer Lösung: die Ministerinnen Schröder und Leutheusser-SchnarrenbergerBild: dapd

Genitalverstümmelung ausschließen

Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) rückte das Kindeswohl in den Mittelpunkt, schloss aber gleichzeitig die Beschneidungen von Jungen, solange der Arzt verantwortungsvoll handele, nicht aus. Im Rahmen der Beratungen zu einer möglichen Gesetzesänderung werde man sich daher sehr intensiv mit Fragen wie der Betäubung "und weiterer dem Kindeswohl dienender Rahmenbedingungen" befassen müssen, sagte die Ministerin. Zugleich betonte sie, sie könne keiner Regelung zustimmen, die die weibliche Genitalverstümmelung nicht rechtssicher ausschließe.

Das Kölner Landgericht hatte die Beschneidung eines vierjährigen muslimischen Jungen als Körperverletzung gewertet. Das war bei Vertretern von Juden und Muslimen, aber auch bei den Kirchen auf scharfe Kritik gestoßen. Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, sprach im Bayerischen Rundfunk von einem richtigen Zeichen der Politik, baldmöglichst für Klarheit sorgen zu wollen. Zugleich beklagte er sich aber über Töne in der Diskussion, dass Juden ihren Kindern bewusst Schaden zufügen wollten. "Das ist für mich ganz besonders infam und verletztend", erklärte Graumann.

Der neue Praesident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann.Foto: dapd
Der Präsident des Zentralrats der Juden, Dieter GraumannBild: dapd

ml/qu (KNA/epd)