1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Merkel gedenkt in Paris Ende des 1. Weltkriegs

Annamaria Sigrist11. November 2009

Als erste deutsche Regierungschefin hat Bundeskanzlerin Angela Merkel in Frankreich an den Gedenkfeiern zum Ende des 1. Weltkriegs teilgenommen. Präsident Sarkozy beschwört die Freundschaft beider Länder.

https://p.dw.com/p/KTpS
Präsident Sarkozy und Bundeskanzlerin Merkel in Paris (Foto: AP)
Präsident Sarkozy begrüßt die Bundeskanzlerin zum Auftakt der Feierlichkeiten in ParisBild: AP

Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy und die Bundeskanzlerin legten am Mittwoch (11.11.2009) am Grabmal des Unbekannten Soldaten am Fuße des Arc de Triomphe in Paris gemeinsam einen Kranz nieder und entzündeten symbolisch die Flamme. Flankiert wurden beide Politiker von Soldaten der deutsch-französischen Brigade.

"Besondere Beziehungen" beider Länder

In einer kurzen Ansprache sagte Merkel, die Kriege in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts hätten "unermessliches Leid" gebracht. Sie verneige sich vor allen Opfern.

Sarkozy spricht auf der Feier zum Fall der Mauer in Berlin am 9. November (Foto: AP)
Sarkozy spricht auf der Feier zum Fall der Mauer in Berlin am 9. NovemberBild: AP

Die Kanzlerin erinnerte an den Fall der Berliner Mauer vor 20 Jahren. Beide Gedenktage, der 9. November 1989 und der 11. November 1918, seien eine Mahnung, den "unschätzbaren Wert des Friedens zu verteidigen." Diesen Auftrag nähmen Frankreich und Deutschland an. "Die Beziehungen unserer beiden Länder bleiben etwas Besonderes", betonte Merkel.

Sarkozy: Den Schatz der Freundschaft vermehren

Präsident Sarkozy nannte die bilaterale Freundschaft einen "Schatz". Beide Länder seien es ihren Vorfahren und ihren Kindern schuldig, "alles zu tun, um diesen Schatz zu erhalten und zu vermehren", sagte Sarkozy und fuhr fort: "Wenn Deutschland und Frankreich gemeinsam handeln, können sie große Dinge vollbringen."

In Frankreich "la Grande Guerre"

Am 11. November 1918 hatten Deutschland und seine Kriegsgegner einen Waffenstillstand zur Beendigung des 1. Weltkriegs unterzeichnet, der de facto einer Kapitulation Deutschlands nach vier Jahren Krieg gleichkam.

Soldaten der französischen Armee im Ersten Weltkrieg (Foto: dpa)
Soldaten der französischen Armee im Ersten WeltkriegBild: picture-alliance/ dpa

Während in Deutschland Hitler-Diktatur und Nazi-Terror, der Völkermord an den europäischen Juden und die Schrecken des Zweiten Weltkriegs das historische Bewusstsein und die Erinnerungskultur bestimmen, wird in Frankreich – und in Großbritannien – auch das Gedenken an den 1. Weltkrieg wach gehalten, der als "la Grande Guerre", "der große Krieg", bezeichnet wird.

Deutsche Maschinengewehr-Stellung im 1. Weltkrieg (Foto: dpa)
Deutsche Maschinengewehr-Stellung im 1. WeltkriegBild: picture alliance / landov

Der 11. November ist seit 1922 in Frankreich ein gesetzlicher Feiertag. Praktisch jede Kommune gedenkt an dem Tag an den Kriegerdenkmälern der 1,4 Millionen gefallenen Soldaten. Auf deutscher Seite starben zwischen 1914 und 1918 1,9 Millionen Soldaten.

Schröder lehnte Einladung ab

Merkel ist die erste deutsche Regierungschefin, die an der Gedenkfeier in Paris teilgenommen hat. 1998 hatte der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl eine Einladung von Präsident Jacques Chirac angenommen, dann aber die Bundestagswahl verloren und war aus dem Amt geschieden. Sein Nachfolger Gerhard Schröder, SPD, sagte die Teilnahme ab und gab als Grund Terminschwierigkeiten an. Dies hatte in Frankreich seinerzeit für Irritationen gesorgt.

Sarkozy will Tag der Aussöhnung

Nach dem Tod des letzten französischen Veteranen des Ersten Weltkriegs im vergangenen Jahr hatte Sarkozy den Wunsch geäußert, aus dem 11. November "einen Tag der deutsch-französischen Aussöhnung" zu machen. Es würde damit ein zweiter Tage der Freundschaft neben dem "Deutsch-französischen Tag" am 22. Januar geben, der anlässlich der Unterzeichnung des Elysee-Vertrags von 1963 begangen wird.

Sarkozys Ankündigung schließt an eine Reihe von Initiativen an, mit denen Paris das Verhältnis zu Deutschland weiter intensivieren will. Erst am Dienstag hatte Industrieminister Christian Estrosi, die Absicht der Regierung in Paris bekräftigt, den Posten eines deutsch-französischen Ministers zu schaffen. Er sei "überzeugt, dass das kommen wird", so Estrosi. Ein solcher gemeinsamer Minister soll nach französischen Vorstellungen in beiden Kabinetten vertreten sein. Nach den Worten von Europaminister Pierre Lellouche könnte das Amt "vielleicht im Januar" geschaffen werden.

Ex-Minister Lang interessiert

Jack Lang. ehemaliger französischer Kulturminister (Foto: Jack Lang)
Jack Lang. ehemaliger französischer KulturministerBild: Jack Lang

In französischen Medien wird der ehemalige Kulturminister Jack Lang als Kandidat für den Posten gehandelt. Der sozialistische Politiker hatte im Sommer einen Sprachkurs in Berlin gemacht. Der Zeitung "Le Parisien" sagte Lang am Dienstag, er könne sich ein solches Ministerium vorstellen. "Aber wir müssen weitergehen und uns ehrgeizige Ziele bei der Verflechtung der beiden Gesellschaften, der Harmonisierung der Rechtsordnung, der Abkommen zwischen Universitäten und zwischen Industriegruppen geben." Denn zusammen könnten Deutschland und Frankreich "eine sehr große wirtschaftliche und politische Kraft" bilden, betonte Lang.

Skepsis im Auswärtigen Amt

Der Staatsminister im Auswärtigen Amt im Berlin, Werner Hoyer begrüßte den Vorstoß, am 11. November einen deutsch-französischen Versöhnungstag zu begehen. Für die Franzosen sei dieses Datum der wichtigste Gedenktag. Es handeles sich um eine "außerordentliche Geste", sagte der FDP-Politiker der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung". Dies und der Besuch der Kanzlerin in Paris zeigten, dass die deutsch-französischen Beziehungen "nicht allein ein Erinnerungs-, sondern auch ein Zukunftsprojekt sind", sagte Hoyer. Die Idee eines gemeinsamen deutsch-französischen Ministers wies der Staatsminister hingegen zurück: "Wir müssen die Realität im Blick behalten. Diese doppelte Kabinettszugehörigkeit stößt an praktische und rechtliche Grenzen."

Autor: Michael Wehling (afp,dpa,ap)
Redaktion: Annamaria Sigrist

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen

Mehr zum Thema

Weitere Beiträge anzeigen