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Kein Kompromiss um jeden Preis

1. Juli 2015

Es kommt nicht alle Tage vor, dass eine Bundestagsdebatte live im griechischen Fernsehen übertragen wird. Die Zuschauer konnten dabei einen heftigen Schlagabtausch über die Lösung der Griechenlandkrise erleben.

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Bundeskanzlerin Merkel am Rednerpult Foto: Rainer Jensen/dpa
Bild: picture-alliance/dpa/R. Jensen

Vor dem für Sonntag geplanten Referendum werde es keine Verhandlungen mit Griechenland über ein neues Hilfsprogramm geben, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer Regierungserklärung in Berlin. Katastrophale Konsequenzen einer Staatspleite befürchte sie nicht: "Europa ist stark. Viel stärker, als vor fünf Jahren." Griechenland habe die Gespräche mit den Partnern einseitig beendet und sei seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen. Entscheidend sei die Fähigkeit zum Kompromiss. Dafür gebe es aber Grenzen. "Ein guter Europäer ist nicht der, der eine Einigung um jeden Preis sucht", sagte die Kanzlerin.

"Vertrauen ist Grundvoraussetzung"

Bundesfinanzminister machte die griechische Regierung für die schwierige Situation der heimischen Wirtschaft verantwortlich. Diese und das dortige Bankensystem befänden sich immer stärker im Abwärtsstrudel. "Die Lage hat sich dramatisch verschlechtert, seit diese Regierung im Amt ist,“ sagte der CDU-Politiker. Die Griechen müssten aus eigener Kraft eine wettbewerbsfähige Wirtschaft schaffen. "Sie können nicht in der Währungsunion bleiben ohne massive strukturelle Anstrengungen", erklärte Schäuble. Es sei außergewöhnlich schwierig, jetzt einen Weg zu finden, sagte Schäuble in der Debatte. Es müsse aber ein Mindestmaß an Vertrauen geben.

Merkels historische Verantwortung

Merkels unnachgiebige Haltung zum Zeitpunkt weiterer Verhandlungen wurde von der Opposition scharf kritisiert. "Finden Sie in letzter Sekunde noch eine Lösung", appellierte Linken-Fraktionschef Gregor Gysi an die Regierungschefin. Merkel trage in diesen Tagen "eine gewaltige historische Verantwortung". Sie müsse sich nun entscheiden, ob sie als "Retterin der europäischen Idee" in die Geschichte eingehen wolle, oder als "Zerstörerin". Ein Grexit wäre katastrophal, fügte Gysi hinzu. Wenn letztlich der Euro untergehe, werde Deutschland das Nachsehen haben, weil der deutsche Export wegen der Schwäche der Währungen in den anderen Ländern zusammenbrechen werde.

"Grexit ist Auftakt zu neuem Schrecken"

Ähnlich äußerte sich Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter: "Ein Grexit wird kein Ende mit Schrecken sein, es ist der Auftakt zu neuem Schrecken." Er forderte die Bundesregierung auf, Griechenland ein faires Angebot zur Überwindung der Schuldenkrise zu machen.

Vizekanzler und SPD-Chef Sigmar Gabriel verteidigte die Haltung der schwarz-roten Regierung und der anderen europäischen Verhandlungspartner, gegenüber Athen hart zu bleiben. Die Euro-Zone müsse im Interesse ganz Europas den Wunsch der griechischen Regierung nach bedingungslosen Finanzhilfen ablehnen. Andernfalls gebe es nicht nur ein finanzielles, sondern auch ein politisches Risiko für die EU, erklärte Gabriel in der mehrstündigen Debatte. Es werde sehr teuer, wenn eine Regierung Europa erpressen könne, warnte er. "Es wäre das Fanal für die Nationalisten ganz rechts außen."

bri/stu (Reuters, dpa)