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Merkel kritisiert Krankenkassen

27. Januar 2010

Bundeskanzlerin Merkel ist verärgert über die gesetzlichen Krankenkassen, die von ihren Versicherten Zusatzbeiträge verlangen wollen. Zudem werden Menschen mit geringem Einkommen stärker benachteiligt als Gutverdienende.

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Porträt Bundeskanzlerin Merkel (Foto: AP)
Bundeskanzlerin Angela Merkel will die Krankenkassen genau beobachtenBild: picture alliance/dpa

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat nach einem Bericht des "Handelsblatts" vom Mittwoch (27.01.2010) Unverständnis darüber geäußert, dass gleich mehrere Kassen von der Möglichkeit Gebrauch machten, einen Zusatzbeitrag von acht Euro zu erheben. Die Krankenkassen hätten sich zu diesem Schritt entschlossen, obwohl ihre Situation, vor allem ihre Rücklagen, zum Teil sehr unterschiedlich seien. In der CDU/CSU-Bundestagsfraktion habe Merkel angekündigt, man werde sich genau anschauen, was die Kassen da machen, berichtet das "Handelsblatt" weiter unter Berufung auf Teilnehmer der Sitzung. "In anderen Fällen wäre das ein Fall für das Kartellamt", soll Merkel gesagt haben.

Tatsächlich liegen dem Bundeskartellamt inzwischen mehrere Beschwerden von Verbrauchern vor, die nun geprüft würden, sagte ein Sprecher der Bonner Behörde den "Stuttgarter Nachrichten". Grundsätzlich hätten Krankenkassen als Unternehmen zu gelten und unterlägen mit einigen Ausnahmen dem Kartellrecht.

Aigner: Erhöhung ist rechtswidrig

Porträt Verbraucherschutzministerin Aigner (Foto: dpa)
Verbraucherschutzministerin Aigner: Zu kurze VorlaufzeitBild: picture-alliance/ dpa

Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) hält die Erhebung von Zusatzbeiträgen der Krankenkassen zum 1. Februar für rechtswidrig. "Der Zusatzbeitrag darf nicht so schnell eingefordert werden", sagte sie der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post". Eine Krankenkasse müsse ihre Mitglieder spätestens einen Monat, bevor der erste Beitrag fällig wird, auf die Erhöhung hinweisen.

Zugleich warnte die Ministerin Kassenpatienten vor überstürzten Kündigungen. "Versicherte sollten sich den Wechsel zu einer anderen Kasse gut überlegen", sagte Aigner. Es sei damit zu rechnen, dass weitere Kassen ihre Beiträge erhöhten. Wer dennoch wechsele, sollte nicht auf Wahltarife umsteigen. Denn häufig verlangten Kassen bei diesen Tarifen eine dreijährige Bindung, gab die Ministerin zu bedenken.

Merkel auf Distanz zu Rösler

Porträt Gesundheitsminister Philipp Rösler (Foto: dpa)
Gesundheitsminister Rösler muss sich Kritik aussetzenBild: picture-alliance / dpa

Merkel hat sich laut "Handelsblatt" auch kritisch mit Äußerungen von Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) auseinandergesetzt. Es habe keinen Sinn, immer wieder mit Vorschlägen für die Einführung einer Kopfpauschale voranzupreschen, sagte Merkel laut Teilnehmern der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Sie verwies dabei auf die ab 2011 geltende Schuldenbremse. "Dann soll Herr Rösler mal schauen, wie er das haushaltsneutral hinbekommt", wurde Merkel zitiert.

Die Vorstandsvorsitzende der größten deutschen Kasse Barmer GEK, Birgit Fischer, machte die Politik für die Einführung der Zusatzbeiträge verantwortlich. "Aktuell entsteht der Eindruck, als sei dies eine Entscheidung der Krankenkassen - das ist es nicht", sagte sie der Tageszeitung "Neues Deutschland". "Man lässt die Versicherten in die Situation hineinlaufen, hält die Krankenkassen unter Druck und forciert gleichzeitig ein neues Finanzierungssystem als Lösung, die Kopfpauschale." Das sei Stimmungsmache auf dem Rücken der Patienten.

Geringverdiener benachteiligt

Ein Mann sammelt leere Flaschen und sucht im Mülleimer (Foto: dpa)
Fraglich, ob sich Arbeitslose oder Geringverdiener überhaupt noch eine Krankenversicherung leisten könnenBild: picture-alliance / KPA

Nach einem Bericht der "Berliner Zeitung" werden Menschen mit geringem Einkommen und Hartz-IV-Empfänger durch die Zusatzbeiträge stärker benachteiligt als Besserverdiener. Das Bundesfinanzministerium habe bestätigt, dass die Beiträge genauso wie die normalen Kassenbeiträge als Sonderausgabe steuerlich absetzbar seien. Davon profitierten aber nur diejenigen, die nennenswert Steuern zahlen. Für sie reduziere sich dadurch der Zusatzbeitrag. Wer keine oder nur wenig Steuern zahle, bleibe dagegen auf dem vollen Betrag sitzen.

Autorin: Annamaria Sigrist (dpa, afp, ap)
Redaktion: Eleonore Uhlich